
MPB trifft: Surrealistische Selbstporträtfotografin Marlena Wels
Veröffentlicht am 5. Jänner 2022 von MPB
Die Arbeit der surrealistischen Künstlerin und Selbstporträtfotografin Marlena Wels verkörpert die Qualitäten eines traumhaften Märchens, durchdrungen von einer geheimnisvollen und rätselhaften Perspektive auf die Realität. Durch die surrealen Elemente, die die stimmungsvolle Atmosphäre in ihren Bildern ergänzen, fangen ihre Fotografien ihre Umgebung mit einem skurrilen Ansatz ein. Marlena erzählt uns mehr über ihre Ausrüstung, ihre Inspirationen und ihren Bearbeitungsprozess.

MPB: Wie bist du zur Fotografie gekommen?
MW: Meine erste Liebe war eigentlich das Malen und Zeichnen. Eines Tages schlug dann aber der Perfektionismus zu und ich war zunehmend frustrierter von meinen Ergebnissen. Ich denke, meine damalige Frustration darüber, dass ich beim Malen an Grenzen stieß und ich Dinge nicht so real darstellen konnte, wie ich es wollte, hat einen großen Anteil daran gehabt zur Fotografie zu kommen. Irgendwie fand in dieser Phase meine erste Digitalkamera zu mir und ich war öfters mit ihr unterwegs, als mit Zettel und Stift. Als ich mit 15 Jahren dann ein Praktikum im Fotostudio machte und die Welten von Flickr kennenlernte, war das geradezu eine Offenbarung für mich. Ich hatte zuvor nicht gewusst, was alles möglich ist und stellte fest, dass ich mit Fotografie und Bildbearbeitung ja genau das erreichen könnte, zu was ich in der Malerei nicht fähig war. Und so fand dann auch meine erste Spiegelreflexkamera zu mir, und die ganze Reise nahm ihren Anfang.

MPB: Betrachtest du dich in der erster Linie als Fotograf, Illustrator, Künstler oder Designer?
MW: Tatsächlich bin ich auch immer noch dabei, das herauszufinden. Auch wenn die Fotografie einen sehr großen und bedeutenden Teil ausmacht, habe ich mich nie mit dem Begriff der Fotografin identifizieren können, da er, wie ich finde, sehr technisch und handwerklich klingt. Mittlerweile bin ich dazu übergegangen, mich als „Fotokünstlerin“ zu bezeichnen, da dieser Begriff auch das Illustratorische sowie das Nähen von Kostümen und das Bauen von Requisiten abdecken kann.

MPB: Woher kommen deine ersten Ideen oder Konzepte?
MW: Manche kommen geradezu aus dem Nichts zu mir geflogen. Sie tauchen also sehr plötzlich einfach vor meinen Augen auf, vielleicht ausgelöst durch den Blick auf ein fallendes Blatt oder einen alten Bilderrahmen. Andere sind inspiriert von Orten, Objekten, Gedichten und oft auch von Gefühlszuständen. Orte, Objekte und Worte können an sich schon so faszinierend sein, dass sie in mir einen Prozess auslösen, das Ganze in meiner Welt zu sehen. Nennen wir es Tagträumen, so etwas in dieser Art. Ich schau mir dann näher an, was mich daran interessiert und bewegt und wie ich das Ganze in einem Bild erzählen kann. Ähnlich betrachte ich gern meinen Gemütszustand – natürlich vorrangig dann, wenn etwas an die Oberfläche drängt und auch gesehen werden möchte. Etwas, das dann auch visualisiert und erzählt werden möchte und somit wie mein kleines Tagebuch oder meine eigene kleine Therapie betrachtet werden kann. Es hilft mir Emotionen zu verstehen, sie greifbar zu machen und sie in mein Leben wie viele kleine Kapitel zu integrieren.

Beschreibe deine künstlerische Philosophie in fünf Liedern.
MW: May It Be – Enya, Take Flight – Lindsey Stirling, The Voice – Celtic Woman, Lausche mit dem Herz – Pocahontas, The Seed – Aurora
MPB: Was würdest du sagen, ist die größte Herausforderung bei Selbstporträtfotografie?
MW: Natürlich ist die Umsetzung immer eine Herausforderung. Man muss einschätzen können, wie das Bild am Ende aussehen soll und das alles ohne, dass jemand anderes vor der Kamera steht, auf den man sich beziehen könnte – Vorstellungskraft also. Und dann Treffsicherheit um den Fokuspunkt zu erwischen. Ich sehe das aber eher als die kleineren Herausforderungen und denke, dass es für einige Personen schwieriger ist, sich überhaupt dazu zu überwinden sich vor die eigene Kamera zu stellen. Denn es ist immer eine Konfrontation mit dem Selbst – noch mehr, wenn es darum geht, sich seinen Gefühlen zu stellen und diese sichtbar zu machen. Ich denke viele kennen es, dass sie nicht mal gern ihre eigene Stimme hören (Ich komme trotz Selbstporträts auch nicht damit klar, meine zu hören). Sich selbst zu begegnen erfordert wohl Mut, und ich kann selbst nicht sagen, wie ich den meinen damals aufgebracht habe. Vielleicht überstieg die Neugier die Angst vor dem Selbst und schließlich die Erkenntnis, dass es gar nicht so schlimm sein muss. Man kann ganz unvorteilhafte Seiten von sich einfangen oder auch die Schönen. Und am Ende entscheidet man selbst, ob das Ganze nun im Papierkorb landet oder man es mit Humor nimmt.

MPB: Wie erreichst du diese traumhafte Atmosphäre in deinen Fotos und dabei gleichzeitig die surrealistische Authentizität der Fotos zu bewahren?
MW: Um ehrlich zu sein – das ist eine sehr gute Frage! Ich versuche immer möglichst eine Natürlichkeit der Szene zu bewahren, in dem ich an Ort und Stelle die Requisiten fotografiere, die ich brauche und zur Hand habe. Dadurch werden sie im selben Licht fotografiert und können auch direkt aus der Perspektive aufgenommen werden, die ich brauche. Wenn ich sie nicht bei der Location dabeihabe, versuche ich im Nachhinein ein ähnliches Licht zu finden. Sollte ich sie leider gar nicht materiell dahaben, muss ich auf Stockfotos zurückgreifen und dabei darauf achten Material zu finden, das so nah wie möglich an meine Lichtsetzung und Perspektive herankommt.
Um das Ganze dann verträumt zu gestalten, nutze ich - wie man sicherlich feststellen kann - sehr gern fliegende Objekte – das sind im Wind flatternde Kleider oder Haare, die damit Dynamik in das Geschehen bringen. Ab und an lasse ich aber auch gern Blätter durch die Luft tanzen, Schmetterlinge und alles andere, was man sich so vorstellen könnte. Wichtig ist mir aber immer, dass das Bild nicht überladen wird und immer noch wie eine Momentaufnahme wirken kann.

MPB: Welche Kamera und Ausrüstung benutzt du? Und wie wichtig ist dir die Ausrüstung als Fotograf?
MW: Damals, als ich als Teenager meine erste Spiegelreflexkamera kaufen wollte, empfahl mir der Fachverkäufer eine Nikon D60 – nun 13 Jahre später bin ich immer noch bei Nikon. Zwischenzeitlich waren es die Nikon D300s und die Nikon D800, mittlerweile arbeite ich aber seit knapp über einem Jahr mit einer Nikon Z6.
Was Objektive betrifft, besitze ich das Sigma 35mm f/1.4 DG HSM, das Nikon AF-S Nikkor 50mm f/1.8G und das Viltrox 85mm 1.8. Es gibt da noch ein altes Sigma 85mm f/1.4 DG HSM, das aber nicht von der Z6 unterstützt wird und damit höchstens nur noch an den älteren Nikon-DSLR-Kameras zum Einsatz kommt. Am häufigsten arbeite ich mittlerweile aber mit dem 50-mm-Objektiv.
Ich bin wirklich sehr technikunaffin. Die Kamera war schon immer nur ein Mittel für mich, um meine eigene kleine Welt zu kreieren. Ich erinnere mich noch, wie Leute mir damals sagten: „Wow, du musst ja eine echt gute Kamera haben!“, aber letztendlich lief ich immer noch mit meiner kleinen Einsteigerkamera mit 10 Megapixeln herum. Und ich war lange Zeit sehr glücklich mit ihr! Aber natürlich kam auch irgendwann der Punkt, an der sie mir nicht mehr genügte und wenn ich mir heute die Fotos von damals ansehe, wäre ich auch nicht mehr so zufrieden mit ihr arbeiten zu müssen. Also lässt sich wohl sagen, Technik ist für mich zwar keine Priorität, da es mir mehr um die Geschichte des Bildes geht, aber sie ist die wichtige Basis, um ein gutes Bild zu erschaffen, das meinen qualitativen Ansprüchen entspricht.

MPB: Deine Fotos sind durchdrungen von mystischen Symbolen und der Atmosphäre von Märchen, die der Struktur eines Traums ähneln. Was ist deine Beziehung zwischen Fotografie und mystischen Symbolen?
MW: Märchen waren schon immer ein großer Bestandteil meines Lebens. Ich bin geradezu mit Märchenbüchern in der Hand aufgewachsen und habe meinen Bestand mittlerweile auf ein ganzes Regal ausgeweitet. Märchen sind um einiges vielschichtiger, als wir sie in Erinnerung haben mögen. Sie erzählen nicht einfach nur von der hilflosen Prinzessin und dem heldenhaften Prinzen auf dem weißen Pferd, der zur Rettung herangeeilt kommt.Es kann auch um Freundschaft und Zusammenhalt gehen, wenn wir uns die „Bremer Stadtmusikanten“anschauen, die Aufgabe seiner Selbst, um des anderen willen, wie bei der „Kleinen Seejungfrau“ oder sogar um abscheulich grausame Taten aus Eifersucht, wie in „Von dem Machandelboom“. Immer gibt es eine tiefer liegende Moral in der Geschichte und so oft zeigt sie uns, dass es Licht im Dunkeln gibt und dem Bösen getrotzt werden kann. Ich mag es in meinen Bildern Elemente aufzugreifen, die an diese Geschichten erinnern. Wir alle kennen sie, auch wenn es nur die umschönten Disney-Versionen sind. Sie zeigen, dass am Ende alles gut werden wird und selbst wenn es nicht das Happy End ist, dass wir uns gewünscht haben, es trotzdem auf andere Weise weitergeht – so wie die kleine Seejungfrau zwar zu Schaum wird, aber trotzdem ihre Chance erhält, eine Seele zu bekommen.

MPB: Hast du Tipps für alle, die anfangen wollen, surrealistische Bilder wie deine zu machen?
MW: Tagträumen! Die Gedanken fliegen lassen und die Dinge auch mal aus anderen Perspektiven sehen – Eine Wiese auf dem Kopf zu betrachten, hat mich einmal zu einer Bildidee geführt. Sich surrealistische Kunst anzuschauen, hilft natürlich auch den Sinn dafür weiterzuentwickeln und sich inspirieren zu lassen. Doch am allermeisten hilft mir persönlich in mich hineinzuhorchen und herauszufinden, welche Bilder ich dort finden kann. Dies sind meistens abstrakte Gefühle und Welten, die sich surrealistisch am besten umsetzen lassen.
Danke, Marlena. Entdecke mehr von Marlenas Arbeiten auf Instagram unter @marlenawels
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