
MPB trifft: Streetstyle-Fotograf Nick Leuze
Veröffentlicht am 13. Dezember 2021 von MPB
Die Straßen der Städte sind die wahren Laufstege, und wie der legendäre Streetstyle-Fotograf Bill Cunningham einmal sagte: "Mode ist eine Rüstung, um die Realität des Alltags zu überleben." Für den deutschen Streetstyle-Fotografen Nick Leuze war Mode schon immer ein Teil seines Lebens. Wir hatten die große Freude, mit Nick über seine Ausrüstung, Mode und Streetstyle zu sprechen. Nun zu dir, Nick.

MPB: Wie hast du den Einstieg in die Branche als professioneller Streetstyle-Fotograf geschafft?
NL: Ich hatte in meiner Jugend schon ein großes Interesse an Mode und Streetwear und habe dementsprechend damals auch viel Streetstyle-Content konsumiert. Ich fand dieses ganze Genre und auch die Fotografinnen und Fotografen, die dahinter standen nach und nach so interessant, dass ich dann selber anfing, wo auch immer ich eben war, Menschen und ihre Outfits auf der Straße zu fotografieren.
So richtig angefangen hat es dann aber erst nach meinem Schulabschluss, als ich im Zuge eines PR-Praktikums in Paris auf der Fashion Week war. Ab dem Zeitpunkt war ich vom diesen ganzen Kosmos "Fashion Week" und "Streetstyle" einfach total begeistert und habe es seitdem immer irgendwie möglich gemacht, ein paar mal im Jahr hinzufahren und das Ganze fotografisch zu begleiten.

MPB: Wie hat sich Streetstyle-Fotografie über die Jahrzehnte verändert?
NL: Das Genre ist über die Zeit deutlich kommerzieller geworden. Während zu Anfang die Redakteur:innen, Einkäufer:innen und Stylist:innen, die die Shows besuchten, im Mittelpunkt der Style-Reportagen standen, sind es heute vor allem Influencer:innen und Celebrities.
Das Ziel des Mediums hat sich in vielen Facetten vom Zeigen interessanter Kleidungsstile und Momenten hin zu gestellten “Lookbooks” gewandelt, die ein Produkt verkaufen sollen. Natürlich gibt es nach wie vor Fotograf:innen, die es schaffen, da einen guten Kompromiss zu finden, aber der stilistische Wandel ist dennoch stark zu beobachten.

MPB: Was ist deine bevorzugte Ausrüstung für die Fashion Week?
NL: Ich fotografiere den Großteil meiner Streetstyle-Arbeit mit einer Canon EOS R5 zusammen mit einem Canon EF 70-200mm f/2.8 L USM.

MPB: Wie suchst du deine Foto-Locations aus?
NL: Gerade bei Streetstyle hat man oft ja nicht die freie Wahl und Kontrolle über seine Location. Es ist aber meiner Meinung wichtig, bestmöglich darauf zu achten, dass der Hintergrund nicht zu unruhig ist.
Damit meine ich vor allem freie Flächen mit vielen Menschen oder viel Bewegung, viele unterschiedliche Farben oder Muster. Das kann leicht dazu führen, dass zu sehr vom Subjekt abgelenkt wird und das Bild unstimmig wirkt.

MPB: Was und wer sind deine größten Inspirationen?
NL: Anfänglich für Streetstyle begeistert hatten mich vor allem Fotografen wie Adam Katz Sinding, Jonathan Daniel Pryce und Julien Boudet. Sie hatten es geschafft, einem Genre, welches vorher zwar in seinem Inhalt interessant, oft aber fotografisch eher “flach” und reportagenartig war, einen modernen, stark stilisierten Touch zu geben.
Heute ziehe ich auch viel Inspiration von Dokumentarfotografen wie Tom Brenner, Kuba Dabrowski oder Mustafah Abdulaziz.

MPB: Wie viel Wert legst du auf Farbelemente in deinen Bildern? Und wie koordinierst du es mit den Outfits?
NL: Es ist natürlich immer schön, wenn Farbelemente in Bildern und gerade in den Outfits stimmig sind, persönlich habe ich da aber nicht zu viel Eingriff. Bei meiner Arbeit auf der Fashion Week ist mein Ansatz und Ziel am Ende des Tages immer noch dokumentarisch, daher ist die Menge an “Direktion”, die ich den Personen gebe, die ich fotografiere, eher begrenzt.

MPB: Was sind die wichtigsten Close-up-Motive, die man in der Streetstyle-Fotografie in Betracht ziehen sollte?
NL: Gerade im High Fashion-Bereich haben viele Kleidungsstücke oft kleine Details und besondere Merkmale, die es definieren. Das ist natürlich immer toll zu zeigen, da man so ein bisschen Storytelling betreiben kann.
Auch Accessoires und Schmuck sind meist dafür verantwortlich, ein Outfit richtig abzurunden und zusammenzuhalten. Ich würde versuchen gerade darauf immer ein besonderes Augenmerk zu legen. Es kann auch schön sein, Muster und Texturen in einem Close-up zu zeigen, um den Betrachter:innen das Gefühl und Verhalten des jeweiligen Materials richtig nahezubringen.

MPB: Welchen Rat würdest du angehenden Streetstyle-Fotograf:innen geben?
NL: Viel zu shooten. Streetstyle ist am Ende des Tages relativ “mechanisch”. Bestimmte Winkel, Einstellungen und Posen funktionieren einfach besonders gut. Dadurch ergibt sich eine Art “Formel”, die man hervorragend dazu nutzen kann, zu üben. Und wenn du diese erst mal verstanden hast, kannst du dann anfangen, eben genau diese Formel bewusst zu durchbrechen, um ein Alleinstellungsmerkmal zu finden.

Lies unseren Leitfaden: Streetfotografie.
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