
Nikon AF-S Nikkor 500 mm im Test
Veröffentlicht am 18. Juni 2020 von MPB
Könnte dies das beste Nikon-Objektiv für die Wildtierfotografie sein? Zu Beginn des Jahres 2020 haben wir den MPB-Preisexperten Marc gebeten, dieses Objektiv auf eine Testfahrt mitzunehmen. Als begeisterter Vogelfotograf erwies sich Marc als die ideale Person, um das 500mm f/5.6E PF ED VR auszuprobieren. Nun zu dir, Marc.

Fotografie besteht aus lauter Kompromissen. Ganz gleich, ob man einen höheren ISO-Wert verwendet, um die Verschlusszeit zu verkürzen, was zu verstärktem Bildrauschen führt, oder die Blendenzahl niedriger einstellt, um schärfere Bilder zu erhalten, was wiederum auf Kosten einer kürzeren Verschlusszeit geht. Oft führt eine gute Einstellung zu einem Kompromiss an anderer Stelle. Ist dies eine Ausnahme?
Für Vogelaufnahmen benötigt man idealerweise ein Objektiv mit 500 mm Brennweite oder mehr. Vor allem hier im Vereinigten Königreich, wo die meisten Vögel darauf bedacht sind, uns Menschen nicht zu nahe zu kommen. Um die beste Bildqualität zu erzielen, ist das beliebteste Objektiv unter Vogelfotografen 500 mm f/4. Dieses bietet eine ausgezeichnete Bildqualität und Lichtstärke, aber der Nachteil ist seine Größe und sein Gewicht. Die neuesten 500 mm f/4-Objektive von Canon und Nikonsind viel leichter als die älteren Modelle, wiegen aber dennoch 3,3 kg bzw. 3,8 kg.

Vor diesem Hintergrund hat die Ankündigung eines neuen 500-mm-Objektivs von Nikon im Juni 2018 mein Interesse geweckt. Es handelt sich um ein f/5.6, nicht um ein f/4. Die interessanten Aspekte sind jedoch Größe und Gewicht. Es wiegt nur 1,5 kg und ist ca. 24 cm lang! Wie haben die das geschafft?
Die Antwort ist die Verwendung eines Phasen-Fresnel-Linsenelements. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Das PF-Element fokussiert das Licht, das hindurch geleitet wird, ohne eine kontinuierliche Krümmung zu benötigen. Das PF-Element reduziert die Anzahl der Elemente, das Gewicht und den Gesamtfokusabstand der Glaslinsen, die für die Vergrößerung erforderlich sind, im Vergleich zu herkömmlichen Linsenarrays.

Diese Technologie ist nicht neu bei Teleobjektiven. Im Jahr 2000 hat Canon das 400 mm f/4-Objektiv herausgebracht, das (wie auch das Nikkor 500 mm f/5.6E PF) eine wesentlich leichtere Option im Vergleich zu herkömmlichen Objektiven mit gleicher Brennweite bot. Leider hatte dieses Objektiv meiner Meinung nach einen sehr schlechten Kontrast und unzureichende Farbwiedergabe in Bildern. Es war daher eher ein Flop. Nikons erster Vorstoß in die Welt der Fresnel-Linsen erfolgte erst 2015, als sie das 300 mm f/4E PF ED VR herausbrachten. Dieses Objektiv wurde gut bewertet und schien nicht von Problemen wie denen von Canon betroffen zu sein. Für Vogelaufnahmen ist ein 300-mm-Objektiv jedoch für 90 % der Situationen nicht lang genug.
Wie beim Nikon 300 mm PF fällt es Nikon leider schwer, den Bedarf an 500 mm PF zu decken. Fertigungsverzögerungen führen zu hohen Lieferrückständen bei Einzelhändlern. Ich war also überglücklich, als ich Anfang 2020 die Gelegenheit hatte, einen Testausflug zu machen. Was die Vogelfotografie angeht, bin ich seit 15 Jahren ein treuer Canon-Fan. Meiner Meinung nach bietet Canon die beste Auswahl an Kameras und Objektiven für das Genre. Das Nikon AF-S Nikkor 500 mm f/5.6E PF ED ist jedoch eine sehr ansprechende Alternative. Ich entschied mich für das beste Gehäuse, um die Schärfe dieses Objektivs zu testen – die legendäre Nikon D850 mit 45 Megapixeln. Nachdem die Entscheidung für die Ausrüstung gefallen war, ging es an ein paar Orte in Hampshire/England, um Vögel zu fotografieren.

Verarbeitungsqualität
Dies ist kein billiges Objektiv. Es bietet jedoch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Das Objektiv ist staub- und feuchtigkeitsresistent und verfügt über einen Objektivtubus aus Magnesiumlegierung der Premiumklasse. Ich habe jedoch drei kleine Probleme mit diesem Objektiv – Probleme, die ich bei einem Objektiv dieser Preisklasse nicht erwarten würde. Erstens besteht die Streulichtblende aus Kunststoff, und der Verriegelungsmechanismus neigt dazu, von allein aufzugehen. Vermutlich wird Kunststoff verwendet, um Gewicht zu sparen. Trotzdem wäre ein langlebiges, kratzfestes Material angebracht. Zweitens: der Stativring. Bei den meisten Superteleobjektiven ist die Drehung des Stativs leicht gedämpft und weist Kerben in Abständen von 90 Grad auf. Wenn man die Kamera dann dreht, ist es so einfacher, eine Ebene beizubehalten. Dieses Objektiv bietet leider nur zwei Optionen – gesperrt oder entsperrt. Für mich war das furchtbar. Wenn ich ein großes Teleobjektiv wie das Canon 500 mm verwende, lasse ich den Stativring leicht entsperrt, damit ich den Kamerawinkel anpassen kann, wenn mein Stativ uneben ist oder wenn ich schnell von Querformat zu Hochformat wechseln muss.
Und schließlich der Stativfuß selbst. Für meinen Geschmack ist er zu klein, und man kann sich nicht darauf verlassen, dass er nicht einfach abfällt. Ich würde empfehlen, für dieses Objektiv in einen Fuß eines Drittanbieters zu investieren, insbesondere, da so etwas nicht sehr teuer ist.
Handhabung und Verwendung
Dieses Objektiv ist so leicht. Nach 15 Jahren Handhabung von schweren, umständlichen Teleobjektiven ist dieses Objektiv revolutionär. Zum Vergleich: Dieses Objektiv wiegt weniger als ein Nikon 70-200mm f/2.8G ED VR II. Zudem ist es einfach in der Hand zu halten und federleicht, wenn man es den ganzen Tag herumträgt. Das Objektiv hat ein identisches Tastenlayout an der Seite wie der große Bruder des Objektivs, das Nikon 500 mm f/4 FL. Es gibt sogar Funktionstasten im vorderen Bereich für die Fokusabruf-Funktion, was ein echter Bonus ist. Zudem gibt es keinen Leistungsabfall im Filter, aber bei einem 95-mm-Filtergewinde kann bei Bedarf ein Polarisationsfilter hinzugefügt werden. Insgesamt war die Handhabung ein Traum.

Bildqualität und Autofokus
Die wichtigste Überlegung für jedes Objektiv ist die Schärfe. Bei der Vogelfotografie geht es vorwiegend darum, das Motiv optimal zu präsentieren. Der beste Weg dafür besteht darin, der Person, die das Bild betrachtet, den Eindruck zu vermitteln, dass sie 'die Hand ausstrecken und es fühlen' könnte. Ich habe in der Vergangenheit Canon DO-Objektive verwendet, doch hatte ich ehrlich gesagt nicht viel Hoffnung in das PF gesetzt. Aber nachdem ich nur ein paar Aufnahmen gemacht hatte, wurde klar, dass meine Annahme falsch war. Dieses Objektiv ist extrem scharf – nicht nur scharf, sondern superscharf. Die Kombination des Objektivs mit der Nikon D850 hat dies deutlich gemacht, da ich ziemlich große Aufnahmen machen konnte und trotzdem noch Bilder mit hervorragender Detailschärfe erhielt. Auch der Autofokus schien schnell und sehr genau zu sein. Als ich zuerst ankam und das Licht ziemlich schlecht war, habe ich bemerkt, dass es bei einigen Gelegenheiten etwas langsam ging – aber ich bin nicht sicher, ob ein 500 mm f/4 dies besser gemacht hätte. Später am Tag zog ich zu einer Stelle, um einen Stelzvogel namens Dunkler Wasserläufer zu fotografieren. Dieser Vogel kam nicht so nah wie die Motive am Morgen. Das gab mir die Möglichkeit, das Objektiv mit einem Nikon TC-14E II auszuprobieren, wodurch das Objektiv ein 700 mm f/8 wird. An dieser Stelle können die meisten Teleobjektive etwas an Qualität verlieren, und das 500 mm PF war da nicht anders. Da die Ausgangsschärfe jedoch enorm war, fiel die verlorene Schärfe nur minimal ins Gewicht und bot immer noch ein Superbild.

Schlussgedanken
Ich war wirklich beeindruckt von diesem Objektiv. Wie ich bereits zu Beginn sagte, besteht Fotografie aus lauter Kompromissen. Aber ich musste beim Nikon AF-S Nikkor 500 mm f/5.6E PF ED wirklich kaum Kompromisse eingehen. Wenn ihr derzeit ein großes, schweres Superteleobjektiv verwendet und eine Verkleinerung anstrebt, ohne dabei die Qualität zu beeinträchtigen, könnte dies die Antwort sein.

Alternative Ausrüstung
Nikon AF-S 200–500 mm f/5.6E ED VR
Wenn ihr ein Nikon-Nutzer seid – und das Nikon AF-S Nikkor 500 mm f/5.6E PF ED nicht in eurer Preisklasse liegt – dann ist das Nikon AF 200-500mm f/5.6E ED VR ein hervorragendes Objektiv. Es kostet weniger als die Hälfte des PF-Preises. Auch wenn es optisch nicht so gut ist wie das PF und rund 1.000 g mehr wiegt, ist es dennoch ein sehr leistungsfähiges Objektiv.
Canon EF 400 mm f/4 DO
Für Canon-Verfechter, die ein leichtes Teleobjektiv suchen, ist das Canon-Objektiv, das dem PF am nächsten kommt, das Canon EF 400mm f/4 DO IS II USM. Dieses Objektiv verwendet die gleiche Linsentechnologie wie das PF, um das Gesamtgewicht zu verringern. Nichtsdestotrotz hat es nicht ganz die Reichweite des PF. Mit etwas mehr als 2.000 g ist es zudem schwerer.
Canon EF 400 mm f/5.6
In Bezug auf das Gewicht ist das Canon-Objektiv, das diesem PF am nächsten kommt, das Canon EF 400mm f/5.6 L USM. Obwohl dieses nicht die Reichweite des PF hat und keine Bildstabilisierung aufweist, ist es etwa 300 g leichter als das PF und wird oft als eines der schärfsten Objektive von Canon bezeichnet.
Sigma 150–600 mm f/5–6.3 DG OS HSM C
Tamron SP 150–600 mm F5–6.3 Di VC USD G2
Ebenfalls sollte man bei der Suche nach einem Objektiv für die Vogelfotografie das Sigma 150-600mm f/5-6.3 DG OS HSM und das Tamron 150-600mm f/5-6.3 Di VC USD G2 EF in Betracht ziehen. Beide sind hervorragende Beispiele für Objektive, die zu einem Bruchteil des Preises der Premium-Objektive von Canon und Nikon erhältlich sind. Sie bieten eine große Reichweite, gute Optik und wiegen um die 2.000 Gramm.
Danke, Marc! Weitere Ausrüstungsvergleiche findest du im MPB-Blog.