
So gelingen dir digitale Fotos im Kodak Aerochrome-Look
Veröffentlicht am 28. August 2025 von MPB
Der legendäre Film Kodak Aerochrome, der dafür bekannt ist, die satten Grüntöne von Bäumen und Pflanzen in lebendige Pink-, Rot- und Violetttöne zu verwandeln, wird seit 2009 nicht mehr hergestellt. Abgelaufene Filme sind zwar noch im Umlauf, kosten aber inzwischen hunderte Euro, sodass das Fotografieren mit einem echten Kodak Aerochrome-Film für die meisten Fotograf:innen nicht mehr erschwinglich ist.
Wir haben uns gefragt, ob sich der atemberaubende Kodak Aerochrome-Look mit digitalen Methoden nachbilden lässt, und unseren MPB-Fotografen Ian Howorth mit einer IR-konvertierten Fujifilm X-T1 und einem Kolari IR Chrome-Filter auf einem Fujifilm XF 23mm f/1.4 R nach Lanzarote geschickt, um dir zu zeigen, was mit digitaler Infrarotfotografie alles möglich ist.
Mit weiteren Bildern von Ben Anderson und Keiran Tutt

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/8 | 1/500 sec | ISO 400
Wofür wurde der Kodak Aerochrome verwendet?
Die Ursprünge des Kodak Aerochrome sind etwas zwielichtig. Eigentlich hat Kodak den Film für das US-Militär entwickelt, um die Aufnahme von Überwachungsfotos inmitten von dichter Vegetation zu erleichtern. Später kam er als Kodak EIR auf den Markt. Das Besondere an diesem Film ist, dass er Infrarotlicht erfassen kann und das von pflanzlichem Chlorophyll reflektierte Licht in charakteristischen Pink- und Rottönen erscheinen lässt, um künstliche Tarnmuster vom Grün der Pflanzen zu unterscheiden.

Ben Anderson | Kodak Aerochrome
Da Kodak Aerochrome-Filme inzwischen ein seltenes Gut sind und immer teurer werden, ist es naheliegend, den charakteristischen Look ihrer Aufnahmen digital nachzubilden. Infrarot ist bei digitalen Kameras nichts Neues. Durch eine entsprechende Umrüstung sind die Sensoren mancher Digitalkameras in der Lage, unterschiedliche Lichtfrequenzen zu erfassen und die Intensität des von bestimmten Farben emittierten Lichts zu verringern oder zu erhöhen.

Ben Anderson | Kodak Aerochrome
Je nach Geschmack kannst du mit einer IR-konvertierten Digitalkamera und verschiedenen Filtern (von 590 nm bis 850 nm) Farbaufnahmen wie aus einer anderen Welt machen oder in Schwarz-Weiß umgewandelten Bildern eine neue Dimension verleihen. Nm steht bei den Filtern für Nanometer, die Maßeinheit für die Wellenlänge von Infrarotlicht.
Die Angabe auf dem Filter bestimmt, wie viel oder welche Art von Licht durchgelassen wird. Allgemein gilt: Je geringer der Wert, desto mehr „falsche Farben“ werden erzeugt und desto besser die Eignung des Filters für IR-Farbfotos. Je höher die Zahl, desto besser eignet sich der Filter für Schwarz-Weiß-Aufnahmen, da weniger sichtbares Licht – und somit weniger Farbe – durchgelassen wird.

Keiran Tutt | Infrarot 590 nm
Echte Infrarotaufnahmen ähnlich dem Aerochrome-Film waren mit digitalen Kameras lange unerreichbar – zumindest bis die Leute von Kolari Abhilfe schufen.

Kolari IR Chrome-Filter
Den IR Chrome-Filter, der speziell für das Fotografieren mit für das gesamte Infrarotspektrum umgerüsteten Digitalkameras entwickelt wurde, schraubst du einfach auf dein Objektiv. Mit ein paar Anpassungen beim Weißabgleich gelingen dir so Aufnahmen, die denen mit einem Kodak Aerochrome-Film schon ziemlich nahe kommen, auch wenn sich die Farbwiedergabe bei den unbearbeiteten Bildern leicht unterscheidet.
Durch die Umrüstung für Vollspektrum-IR-Aufnahmen kann die Kamera ein größeres Lichtspektrum erfassen – von sichtbarem bis hin zu Infrarotlicht. In Zahlen entspricht das ungefähr 280–1200 nm. In Verbindung mit dem Filter lässt sich so ein dem Kodak Aerochrome-Film ähnlicher Look erzeugen – und zwar ohne großen Nachbearbeitungsaufwand.
Entweder holst du dir dafür eine Kamera, die schon auf Vollspektrum-Infrarot umgerüstet ist, oder rüstest deine bestehende Kamera um, wie wir es bei unserer Fujifilm X-T1 IR.

Für Vollspektrum-IR-Aufnahmen umgerüstete Fujifilm X-T1
Ich empfehle dir, möglichst eine Systemkamera zu verwenden, da Infrarot den Fokus beeinflussen kann und nicht alle Objektive Markierungen für den IR-Fokus haben. Mit einer spiegellosen Kamera kannst du den Fokus über Fokus-Peaking genau einstellen, wenn du mit niedrigerer Blendenzahl fotografieren möchtest.
Verschiedene Blogposts haben sich schon damit beschäftigt, wie man Aerochrome-ähnliche Bilder erhält. In den meisten Fällen ist dabei aber von jeder Menge Bildbearbeitung die Rede, da die ursprünglichen Fotos nicht mit einer Infrarotkamera aufgenommen wurden. Um den gewünschten Look zu erhalten, sind hier vor allem Änderungen bei den Farbkanälen notwendig. Ich wollte aber ein echtes Infrarotbild als Ausgangspunkt nehmen, um so nah wie möglich an den charakteristischen Aerochrome-Look mit seinen bläulich-grünen Schatten und seiner lebendig roten Flora heranzukommen.
Im folgenden Video zeige ich dir, wie ich eine Infrarotaufnahme im RAW-Format in Adobe Lightroom bearbeitet habe, um den Aerochrome-Look zu perfektionieren.
Da meine britische Heimat im Winter nicht der beste Ort für Infrarotaufnahmen ist, bin ich mit meiner Kamera nach Lanzarote gereist. Die dortige Flora mit ihren Kakteen und Saguaros bildet einen hervorragenden Kontrast zu den dunklen vulkanischen Böden und für meinen gesamten einwöchigen Aufenthalt war Sonne angesagt – bessere Bedingungen für Infrarotaufnahmen kann man sich fast nicht wünschen.

Meine ersten Eindrücke vom Kolari IR Chrome-Filter und dem umgebauten Sensor waren umwerfend. Die Farben der unbearbeiteten Bilder waren unglaublich. Auch wenn das schöne, weiche Orange der Flora nicht der Look war, den ich erreichen wollte, war mir sofort klar, dass die Anpassung der Farben in der Nachbearbeitung relativ unaufwändig sein würde.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/5.6 | 1/500 sec | ISO 200
Das Wichtigste bei Infrarotaufnahmen ist reichlich Sonnenlicht. Selbst in der prallen Mittagssonne zu fotografieren, ist mit einer IR-Kamera kein Problem. Je mehr Sonnenlicht die Bäume und Pflanzen aufnehmen, desto stärker der Infraroteffekt.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/8 | 1/400 sec | ISO 200
Ich habe auch festgestellt, dass verschiedene Pflanzenarten unterschiedlich gut für den IR-Effekt eignen. Bei Kakteen und Saguaros erreicht man zum Beispiel einen etwas gedämpfteren Look.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/8 | 1/250 sec | ISO 200
Bäume und Pflanzen mit eher „konventionellen“ Blättern reagieren in der Regel ziemlich stark und ihr sattes Grün wird auf den Fotos deutlich sichtbar.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/5.6 | 1/500 sec | ISO 400

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/5.6 | 1/250 sec | ISO 200
Die einzige Schwierigkeit beim Fotografieren unter sehr hellen Bedingungen ist, dass die Blätter auf den Fotos fast schon weiß erscheinen können. Bei Kakteen und anderen Pflanzen mit dickeren Blättern tritt dieser Effekt aber weniger stark auf.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/8 | 1/180 sec | ISO 400

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/8 | 1/125 sec | ISO 200
Bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang – oder etwa eine Stunde vorher – haben meine Infrarotaufnahmen eine besondere Magie entwickelt. Zu diesen Tageszeiten ist das Licht schön gleichmäßig und bildet den geringsten Kontrast zwischen Himmel und Schatten.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/5.6 | 1/60 sec | ISO 400

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/2.2 | 1/60 sec | ISO 800
Bei relativ offenblendigen Aufnahmen gelingt dir ein traumhafter Look mit wunderbaren sanften Farbtönen und sattem Pink bei der Flora.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | 23mm | f/5.6 | 1/60 sec | ISO 250
Ich habe beim Fotografieren festgestellt, dass die Kombination aus Filter und IR-Sensor auch generell Auswirkungen auf die Farbwiedergabe hat. Bestimmte Schwarztöne wurden rot und Blautöne erschienen leicht grünlich, was tatsächlich stark an den Kodak Aerochrome-Look erinnert.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/5.6 | 1/180 sec | ISO 100
Je nachdem, welchen Look du erreichen möchtest, kannst du mit diesem Setup Schwarz zu Rot werden lassen und Orangetöne sowie andere warme Farben hervorheben.
Bei der Bildbearbeitung habe ich festgestellt, dass meine Ausgangsfotos ohnehin schon stark an den Aerochrome-Look erinnerten. Infrarot lässt die Landschaft, wie man sie kennt, magisch und fremdartig erscheinen, ohne dass die Fotos künstlich oder überbearbeitet wirken.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/8 | 1/500 sec | ISO 100
Je mehr ich meine Fotos bearbeitet habe, desto mehr ist mir aufgefallen, wie stark die Farbwiedergabe bei den einzelnen Bildern voneinander abweicht. Bei einem „normalen“ Bild muss man zum Beispiel beim Einstellen des Weißabgleichs im Grunde nur Mittelgrau oder Weiß als Ausgangspunkt wählen.
Bei Infrarotbildern sind deine Bezugspunkte verzerrt, was dir gleichzeitig aber auch mehr Freiheit zum Experimentieren bietet – sowohl bei der Aufnahme als auch in der Nachbearbeitung.

Mit Polarisation | Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/4 | 1/1000 sec | ISO 320
Meine Sonnenbrille ist polarisiert. Das macht die Farben noch intensiver, lässt alles irgendwie intensiver wirken und schwächt auch grelle Lichtreflexe ab.
Da ich auf Lanzarote zum ersten Mal mit einer IR-Kamera fotografiert habe, gibt es sicherlich Dinge, die ich beim nächsten Mal anders machen würde. Dennoch habe ich einige Top-Tipps für dich, wie du das Beste aus deiner Infrarotfotografie herausholen kannst.
Was ist die beste Tageszeit für Infrarotaufnahmen?
Wenn du dem Kodak Aerochrome-Look möglichst nah kommen willst, empfehle ich, bei Sonnenaufgang oder -untergang zu fotografieren.
Mit fast vollständig geöffneter Blende gelingt dir zu diesen Tageszeiten ein wunderbar verträumter Look, und je nach Objektiv entstehen so schöne Lichtreflexe und weiche Kontraste im Himmel.
In der prallen Mittagssonne zu fotografieren ist möglich, du solltest dabei aber auf deine Motive achten und am besten mit einem Polarisationsfilter arbeiten, um die Highlights abzuschwächen.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/8 | 1/250 sec | ISO 400
Welchen Weißabgleich sollte ich bei Infrarotaufnahmen verwenden?
Die richtigen Einstellungen für den Weißabgleich zu finden, ist angesichts der ziemlich extremen Farbpalette gar nicht so leicht. Mein Rat ist, die Veränderungen der Lichtverhältnisse im Tagesverlauf im Auge zu behalten. Da der IR-Effekt stark vom Sonnenlicht abhängt, hat man bei seinen Aufnahmen manchmal das Gefühl, als würde die Flora nicht genug „hervorstechen“.
Lightroom reagiert bei der Erkennung des Weißabgleichs ziemlich extrem. Bei mir hat das Programm beispielsweise Werte von bis zu 28.000 K angezeigt, was offensichtlich nicht sein kann. Am besten verwendest du mit dem Filter als Ausgangspunkt eine Graukarte und tastest dich damit schrittweise heran.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/5.6 | 1/500 sec | ISO 200
Sollte ich für meine Infrarotaufnahmen Filter verwenden?
Filter – einschließlich Polarisationsfilter – sind ein wichtiger Punkt. Mit ihnen kannst du wunderbar experimentieren, und den gewünschten Look zu erzielen.
Infrarotfotografie ist ein komplexes Thema, an das man sich schrittweise herantasten muss. Interessant wäre zum Beispiel zu testen, wie sich ein zusätzlich zum IR-Chrome-Filter und dem IR-konvertierten Sensor verwendeter Gelb- oder Rotfilter auf das Bild auswirkt.

Verfehlter Fokus | Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/1.4 | 1/4000 sec | ISO 200
IR-konvertierte Kameras und Fokus
Wie schon erwähnt, musst du bei Brennweiten über 35 mm und wenn du offenblendig fotografierst wahrscheinlich auf den manuellen Fokus umstellen – besonders wenn du nah am Motiv bist. Fokus-Peaking ist hier ebenfalls hilfreich.
Bei weniger stark geöffneter Blende, oder wenn du aus größerer Entfernung bzw. mit Weitwinkelobjektiven fotografierst, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass du im Autofokusmodus scharfe Bilder erhältst. Trotzdem würde ich empfehlen, mit manuellem Fokus zu fotografieren. Ich habe ein paar wirklich schöne Aufnahmen mit vollständig geöffneter Blende gemacht, die aber nicht ganz im Fokus waren, was mich im Nachhinein ein wenig geärgert hat.

Ian Howorth | IR-konvertierte Fujifilm X-T1 | Fujifilm XF 23mm f/1.4 | f/8.0 | 1/125 sec | ISO 100
Welche Objektive kann ich für Infrarotaufnahmen verwenden?
Um den Aerochrome-Look nachzubilden, habe ich mit dem Kolari IR Chrome-Filter fotografiert. Am besten informierst du dich aber beim Hersteller des Filters, den du in deinem Infrarot-Setup verwendest.
Ich bin kein Experte, aber anscheinend tritt bei einigen Objektiven in der Mitte der Linse ein Hotspot auf, der zu Überbelichtung oder unerwünschten Effekten führt. Wenn du spezielle Infrarotausrüstung in Verbindung mit einem IR-Chromfilter kaufen möchtest, solltest du dich immer zuerst vergewissern, ob der Filter auch vollständig mit deinem Setup kompatibel ist. Ich habe bei meinen Aufnahmen das Fujifilm XF 23mm f/1.4 verwendet.

IR-konvertierte Fujifilm X-T1
Das Fotografieren im Infrarotbereich war eine tolle Erfahrung, die ich im Frühling unbedingt wiederholen möchte. Für unter tausend Euro – was in etwa dem Preis von vier Aerochrome-Filmen entspricht – hatte ich eine Kamera, die einen wirklich spannenden Look erzeugt und viele kreative Möglichkeiten eröffnet. Der genaue Aerochrome-Look lässt sich damit natürlich nicht nachbilden, aber die Ergebnisse gefallen mir richtig gut – vielleicht sogar noch etwas besser als beim Original.
Bei der Menge an Fotos, die ich im Laufe einer Woche geschossen habe, wären die Kosten für den Kauf, die Entwicklung und das Scannen von Infrarotfilmen in die Tausende gegangen. Mein Setup hat mich viel weniger gekostet und ich kann es sogar mehrmals verwenden.
Und das Beste ist: Wenn es eines Tages wirklich keine Kodak Aerochrome-Filme mehr gibt, kann ich immer noch Aufnahmen mit meinem Lieblings-Look machen.
Für weitere Anregungen zu digitalen Aufnahmen im Analogstil, lies auch unseren Artikel Beste digitale Alternativen zur Hasselblad XPan. Mehr Tipps und Techniken findest du auf dem MPB-Blog.