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Seats on a train

Wissen: Licht und Schatten in der Fotografie

Veröffentlicht am 12. November 2021 von MPB

Der richtige Einsatz von Schatten kann deinen Fotos das gewisse Etwas verleihen, egal in welchem Genre. Von subtilen Details bis hin zu markanten Bildelementen – mit Schatten kannst du Tiefe, Kontrast und Dimension in deine Bilder bringen. Aber wie funktioniert das konkret? Die sechs Fotograf:innen Andrea Pozzoni, Natalie Christensen, Adam Docker, Tim Smith, Nico Froehlich und Ian Howorth verraten ihre Tipps und Tricks.

Andrea Pozzoni 

@piratasabrino

Person mit Hut, die neben einem weißen Auto herläuft.

Dieses Bild habe ich mit einer spiegellosen Fujifilm X-T30 und einem Fujifilm 18-55mm f/2.8-4 R LM OIS-Objektiv geschossen. Mit einer super schnellen Verschlusszeit von 1/2700 s, einer Blende von f/4 und einem niedrigen ISO-Wert von 320 entstand ein dunkler, klarer Schatten, der einen starken Kontrast zu dem hellen Lichtstrahl bildet. Ich musste mehrmals an diesen Ort zurückkehren, bis ich endlich das gewünschte Bild im Kasten hatte.

Um diagonale Licht- und Schatteneffekte perfekt zur Geltung zu bringen, brauchst du helles Licht, wie etwa zur Mittagszeit. Bauwerke mit klaren Kanten, wie Brücken, Terrassen oder Gebäudeteile, werfen in der Regel markante Schatten. Der Hintergrund sollte hell sein, damit der Kontrast zwischen Licht und Schatten besser zur Geltung kommt und das Motiv besser zu erkennen ist.

Oft musst du mit sehr kurzen Verschlusszeiten und kleiner Blendenöffnung fotografieren. Ein positiver Nebeneffekt: So gelingt dir bei dynamischen Szenen mit mehreren Elementen auf verschiedenen Ebenen auch eine gute Tiefenschärfe. Spiegellose Systeme erleichtern die Komposition und die Wahl der richtigen Einstellungen, und das Ergebnis direkt im Sucher sehen zu können, fördert die Kreativität.

Meine Empfehlung: Halte stets die Augen offen, notiere dir die besten Jahreszeiten und Monate und kehre mehrmals an den Ort, an dem du fotografieren möchtest, zurück. Gib dich nie mit dem erstbesten Foto zufrieden, denn du weißt nie, welche Chance sich noch ergibt.

Natalie Christensen

@natalie_santafe

Dieses Bild wurde im Sommer 2021 in Albuquerque, New Mexico, mit einer Fujifilm GFX 50R und einem Fujifilm 32-64mm f/4 R LM WR-Objektiv aufgenommen. Die Szene hat mich aus mehreren Gründen fasziniert. Zunächst einmal haben mir die Farben des Gebäudes und die Alltäglichkeit des Motivs gefallen. Diese beiden Dinge sind für mich fotografisches Gold. Die Sonne in New Mexico ist sehr hell, und an diesem Tag war das Licht leicht gedämpft. Wegen des hellen Lichts findet man hier überall dunkle Schatten. An diesem Tag waren die Schatten aber etwas sanfter. Das Motiv mag zwar relativ simpel sein, aber es war eine Herausforderung, ihm mit dem Fenster einen Rahmen zu geben und die richtige Balance zu der darin gespiegelten Tür und den Schatten zu finden. Ich mag dieses Bild, weil es mit Reflexionen spielt, was ich aus psychologischer Sicht wirklich interessant finde. Die geschlossene Tür und der große Schatten wirken leicht bedrohlich, aber die Farben schaffen hier den perfekten Ausgleich. Rosa wird typischerweise als „fröhliche“ Farbe betrachtet, aber die anderen Aspekte des Bildes stehen im Kontrast dazu.

Das helle Licht in New Mexico sorgt für sehr kontrastreiche Schatten, die ich sehr liebe. Für mich sind Schatten genauso wichtig wie das Motiv. Daher liegt mein Hauptaugenmerk bei der Erstellung solcher Bilder auf der Komposition. Die Fujifilm-Kamera sorgt für einen fantastischen Dynamikumfang, sodass selbst bei dunklen Schatten viele Details erkennbar sind.

Adam Docker und Kong Wako

@baronmeister und @kongwako

Ich habe das Glück, auf meinen Reisen als Kameramann viele wirklich interessante Menschen filmen zu können. Ich habe auf allen Drehs meine Fujifilm GFX50R dabei und versuche, Fotos von den Menschen am Set zu machen. Dieses Mal war ich bei der Aufzeichnung eines TV-Werbespots in einem Studio in Süd-London, wo als Beleuchter ein junger Mann aus dem Sudan namens Kong Wako anwesend war. Bei Porträts möchte ich immer den Ausdruck in den Augen meines Gegenübers einfangen, denn die Augen sind der Spiegel unserer Seele. Kong hat einen eindringlichen, intensiven Blick und fotogene Gesichtszüge.

Ich fotografiere gerne mit offener Blende, mag eine geringe Schärfentiefe und liebe das Bokeh und die Textur, die dadurch entstehen. Ergänzend verwende ich eine einfache, weiche Hauptlichtquelle, die dem Gesicht einen Rahmen gibt. Als Hintergrund verwende ich schwarzes Material, um jegliches Licht zu dämpfen, das beispielsweise von nahegelegenen weißen oder farbigen Wänden oder Fenstern reflektiert wird. Sobald der gewünschte Schatten auf einer Gesichtshälfte liegt, kann ich steuern, wie viel des Hauptlichts ich um das gesamte Gesicht legen möchte und wie viel davon im Schatten liegen soll. Manchmal möchte ich, dass meine Motive mit dem dunklen Hintergrund verschmelzen, je nachdem, was ich im Gesamtbild sehe und wie ich mir das Endprodukt vorstelle. Wenn ich mich in einer kontrollierten Umgebung befinde, füge ich möglicherweise etwas Hintergrundbeleuchtung hinzu, damit sich das Motiv vom Hintergrund abhebt und die Kopfform besonders im Schattenbereich besser zur Geltung kommt.

Tim Smith 

@timsmithphotography1018

Dieses Bild wurde in San Antonio, Texas, aufgenommen. Im Allgemeinen suche ich gerne nach Mustern, die durch Gebäude oder Schatten entstehen. Wie es der Zufall so will, hat dieses Foto beides. Außerdem mag ich vertikale und horizontale Linien sowie nahezu sterile Umgebungen – Bäume, Büsche und so weiter ausgenommen. Sobald ich wusste, was ich fotografieren wollte, war es nur noch ein Geduldsspiel, bis ein:e Passant:in vorbeilief. Das Bild entstand mit einer Nikon D5300, einem Nikon AF-S DX 18-300mm f/3.5-6.3G ED VR und mit einer Verschlusszeit von 1/200 s, f/10 und ISO 100.

Schwarz-Weiß-Fotos sollten kein Zufallsprodukt sein. Fotografiere am besten gezielt in Schwarz-Weiß, anstatt Farbfotos nachträglich umzuwandeln. So bekommst auch ein besseres Gefühl dafür, wie das Bild aussehen soll, und kannst während des Shootings Anpassungen vornehmen. Schatten sind allgegenwärtig und können interessante Muster bilden, werden aber oft übersehen. Ich habe mir angewöhnt, nach Schattenmustern zu suchen, wenn ich ohne meine Kamera unterwegs bin, und mir den Ort zu notieren oder ein Handyfoto davon zu machen. Irgendwann kehre ich dann an diesen Ort zurück, um ihn weiter zu erkunden.

Nico Froehlich 

@nicofroe

Dieses Foto habe ich mit meiner Pentax 67 und einem 75mm-f/4.5-Objektiv aufgenommen. Die pralle Sommersonne, die durch das Zugfenster schien, sorgte für harte Kontraste und verstärkte die Türkistöne der Sitze zusätzlich. Ich entschied mich, das Foto von weiter unten, aus der Perspektive eines Kindes aufzunehmen. Wenn auch minimalistisch, war es für mich eine nostalgische und vertraute Szene, und ich wollte den emotionalen Effekt so gut wie möglich hervorheben.

Minimalistische Szenen, die dennoch eine gewisse Dramaturgie versprühen, findet man an den unerwartetsten Orten. Daher empfehle ich, immer eine Kamera dabei zu haben und die Augen nach interessanten Licht-, Schatten- und Raumverhältnissen offen zu halten.

Ian Howorth 

@ihoworth

Dieses Foto habe ich am 31.12.2017 in Brighton aufgenommen. Die Tageszeit war dabei entscheidend, da ich dafür die hohe Mittagssonne brauchte. Abgesehen von der Farbkomposition war der hohe Kontrast zwischen hellen und schattigen Bereichen entscheidend, um die richtige Stimmung zu erzeugen. Farbpalette, Outfit und Make-up des Models erinnern an den Rockabilly-Style der 50er Jahre, aber ich wollte bei der Beleuchtung irgendwie etwas anders machen, als es bei diesem Stil üblich ist.

Obwohl das Licht, das durch das Fenster kommt, relativ weich ist, erzeugt es dennoch einen starken Kontrast zu den dunkleren Teilen des Bildes. Für mich sorgt es für eine geheimnisvolle Atmosphäre, die der Farbpalette, der weichen Beleuchtung und dem Gesichtsausdruck des Models widerspricht. Die Aufnahme habe ich auf Mittelformatfilm gemacht. Um Lichtreflexe zu minimieren, habe ich also sowohl die Lichter als auch die Schatten sorgfältig gemessen, um sicherzustellen, dass ich die Schatten bei Bedarf etwas aufhellen kann.

Der unterschiedliche Einsatz von Licht kann deine Bilder komplett verwandeln und eine ganz andere Stimmung und Emotion erzeugen. Wenn du bei natürlichem Licht fotografierst, ist es immer gut, auf den Stand und Verlauf der Sonne zu achten. Auch Geduld ist hier wichtig, denn oft kann das Licht und seine Position im Verhältnis zu deinem Motiv statt durchschnittlicher Bilder großartige Ergebnisse erzielen.

Lies auch unseren Artikel zum Thema Emotionen in der Fotografie.

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