
MPB trifft: Unterwasserfotograf Laurent Ballesta
Veröffentlicht am 13. August 2025 von MPB
Als Tiefseetaucher, Meeresbiologe und mehrfach ausgezeichneter Fotograf ist Laurent Ballesta eine bekannte Größe in der modernen Unterwasserforschung. Mit seinen Gombessa-Expeditionen, seinen Dokumentarfilmen für Arte und seinen Veröffentlichungen im National Geographic verfolgt er eine einzigartige Mission: die Unterwasserwelt mit wissenschaftlicher Sorgfalt und emotionaler Ästhetik in Bildern festzuhalten. Hinter jeder Menge Technik und dem ganzen Ruhm steckt aber vor allem ein Mann, der seiner Leidenschaft aus jüngster Kindheit treu geblieben ist und an die Fotografie höchste Ansprüche stellt.

Laurent Ballesta | Aufgenommen von Caroline Ballesta
„Als Kind habe ich mich immer die ganze Woche auf die Dokumentarfilme von Cousteau gefreut. Das waren nicht nur Bilder, sondern richtige Abenteuer.“
Ballesta, der als Kind an den Stränden von Carnon mit seinem Bruder Szenen aus den Filmen mit Commandant Cousteau nachspielte, wollte schon damals Taucher und Biologe werden.

Laurent Ballesta | Aufgenommen von Caroline Ballesta
Fotografie als Erweiterung des menschlichen Auges
„Über Wasser ist Geduld eine Tugend, unter Wasser ein unerreichbarer Luxus. Mein Ziel war nie, schöne Bilder zu machen, sondern Geheimnisse festzuhalten.“
Da die Zeit unter Wasser eng bemessen ist, haben Fotos hier zweierlei Funktionen: Zum einen dienen sie als Gedächtnisstütze, zum anderen dem Verständnis. Für Laurent Ballesta wurde die Fotografie schnell zu einem Mittel, um flüchtige Momente unter Wasser festzuhalten. Schließlich lassen sich auf Fotos Details einfangen, die dem bloßen Auge verborgen bleiben.

Laurent Ballesta | Schwarzer Korallenwald in Blauquières
Fotografie und Wissenschaft: eine gemeinsame Sache
„Die Fotografie stand nie im Gegensatz zur Wissenschaft, sondern hat sie gestärkt.“
Zusammen mit Pierre Descamps gründete Ballesta Andromède Océanologie. Das gemeinsame Ziel der beiden Wissenschaftler war es, Feldforschung mal anders zu betreiben – mit Bildern als wissenschaftlichen Beweisen. Zu den ersten Erfolgen des Forscherduos gehörte ein Foto eines bislang noch nicht wissenschaftlich erfassten kleinen Grundels bei Nacht, mit dem ein britischer Professor die Existenz einer Fischart bestätigen konnte, die er 20 Jahre zuvor anhand eines bloßen Kadaverfunds beschrieben hatte.
„Gleich zu Beginn meiner Karriere konnte ich einige bahnbrechende Aufnahmen machen. Die kleine Andromedagrundel schwamm mir zum Beispiel vor die Linse, als ich noch Student war.“

Laurent Ballesta | Andromedagrundel
Gombessa: Ehemals unerforschtes Terrain
Ein Tauchgang blieb Ballesta besonders in Erinnerung, und zwar der, bei dem er einen Quastenflosser – einen prähistorischen Fisch, den man seit 65 Millionen Jahren für ausgestorben hielt – ablichtete. 2009 organisiert er schließlich eine Expedition, um diesen Fisch erneut vor die Linse zu bekommen – mit sofortigem Erfolg, denn die Begegnung fand bereits beim ersten Tauchgang statt. Diesen Meeresbewohner zu fotografieren, war für Ballesta sowohl ein wissenschaftlicher als auch ein persönlicher Erfolg, denn diese Expedition führte zu seiner ersten Veröffentlichung im National Geographic und war der Beginn einer langen Zusammenarbeit.
„Das war meine erste Veröffentlichung im National Geographic, mein erster Film für Arte und der Beginn der Gombessa-Expeditionen.“

Laurent Ballesta | Quastenflosser | Nikon D3s | Nikon AF-S 14-24mm f/2.8G IF-ED | 24mm | f/11 | 1/50 | ISO 6400
700 Haie in der Nacht
In der Arte-Reihe „700 Haie in der Nacht“ taucht Laurent Ballesta ohne Käfig oder Schutz inmitten eines Schwarms von Grauhaien im polynesischen Fakarava-Atoll. Dieses Projekt, das sowohl wissenschaftlich als auch künstlerisch ist, offenbart das kooperative Jagdverhalten der Raubtiere während des Laichens der Zackenbarsche.
Durch anspruchsvolle nächtliche Tauchgänge, eindrucksvolle Bilder und ein neuartiges technisches Setup, darunter die berühmte Nikon D5 Dual XQD, liefert Ballesta intime Einblicke in die Unterwasserwelt, in der der Mensch nur ein geduldeter Gast ist.

Laurent Ballesta | Meute von 700 Grauhaien
Zeigen, um zu schützen: die Rolle engagierter Fotograf:innen
„Nur zu zeigen, wie schön die Welt ist, ergibt für mich keinen Sinn. Zu zeigen, dass sie stärker ist als wir, hingegen schon.“
Umweltfotograf:innen haben längst bewiesen, wie schön die Natur ist. Jetzt ist es ihre Aufgabe, daran zu erinnern, dass sie gefährdet ist. Sämtliche Expeditionen von Laurent Ballesta haben einen konkreten wissenschaftlichen Hintergrund. Und manchmal tragen seine Bilder auch zu politischen Entscheidungen wie Nachttauchverboten, Lagunenschutzprogramme oder Schutzgebieten um Korsika bei.
„Obwohl wir mit unserem Projekt in Fakarava einiges bewegen konnten, hat sich die Zahl der Besucher:innen seit unseren Filmen verzehnfacht, was mir eine große Verantwortung auferlegt. Aber zu glauben, man müsse aus der Existenz eines Ortes ein Geheimnis machen, während die Weltbevölkerung sich der 8-Milliarden-Marke nähert, wäre naiv.“
Laurent Ballesta hat mit uns auch über die konkreten Auswirkungen seiner Expeditionen auf den Schutz der Meere gesprochen. In Rangiroa konnte die Untersuchung des großen Hammerhais zum Beispiel zu Schutzmaßnahmen für die Lagune führen und am Cap Corse haben seine Forschungen über die mysteriösen Ringe zu einem Verbot der Berufsfischerei in der Region geführt.
Ein eingespieltes Team
„Bei Videoaufnahmen arbeite ich gerne im Team, aber beim Fotografieren bin ich am liebsten alleine unterwegs.“
Bei Videoaufnahmen ist aus logistischen Gründen Teamarbeit gefragt, aber bei seiner Fotografie, die das Verständnis fördern und gleichzeitig faszinieren soll, beansprucht Laurent Ballesta Exklusivität.
Er liebt zwar den Nervenkitzel des Alleintauchens, aber um seine fotografischen Ziele effizient zu erreichen, ist Teamarbeit angesagt. Die optimale Besatzung ist für ihn ein Team aus vier Taucher:innen, das in zwei Zweierteams aufgeteilt ist – eine Kameraperson samt Assistenz, plus Ballesta in Begleitung eine:r eigenen Assistent:in.

Caroline Ballesta | Taucher:innen und Fotograf:innen in Fakarava, Französisch-Polynesien
Ballestas Ausrüstung
„Als Kind konnte ich keine Fotos machen – die Ausrüstung war einfach zu teuer.“
Ballesta blieb der Analogfotografie lange treu und nutzte die optischen Vorteile von Nikon-Kameras bei der Unterwasserfotografie. Den Umstieg wagte er erst, als es möglich war, die Tiefen der Ozeane auch mit digitalen Kameras mit sehr hoher ISO-Empfindlichkeit einzufangen.
Inzwischen gibt er mit Modellen wie der Nikon Z9 Einblicke in unsichtbare Unterwasserwelten, die über bloße Ästhetik hinausgehen.
Ein weiterer Wendepunkt war der Umstieg von einer DSLR- auf eine Hybridkamera, den ihm die Z9 mit ihrer guten Schwachlichtperformance und ihrer Kompatibilität mit wasserdichten Gehäusen ermöglichte.
Seine geliebte Nikon D5 hat er im Rahmen eines von MPB gesponserten Gewinnspiels verlost, um ein Zeichen für die Bedeutung von Zirkularität bei gebrauchter Ausrüstung zu setzen.

Caroline Ballesta | Kameraausrüstung für Unterwasseraufnahmen
Ratschläge für den Einstieg in die Unterwasserfotografie
„Fang vor der eigenen Haustür an.“
Du musst nicht gleich zu den Galapagos-Inseln reisen. Ein vertrauter Ort in deiner Nähe, den du regelmäßig besuchen kannst, ist genauso viel wert wie jedes exotische Abenteuer. Bei einer von Ballestas ersten Veröffentlichungen ging es zum Beispiel um die Seepferdchen des Étang de Thau.
Fazit: Bilder als Erkundungstool
Laurent Ballesta hat bewiesen, dass Fotografie weit mehr sein kann als eine künstlerische Ausdrucksform. Für ihn ist die Fotografie ein Tool, um Wissen zu vermitteln, unser Umweltbewusstsein zu schärfen und unsere Wertschätzung für das Leben zum Ausdruck zu bringen. Seine Bilder wollen nicht gefallen, sondern hinterfragen, zum Staunen bringen und zur Verantwortung aufrufen. Außerdem gibt es laut Ballesta noch viel zu erkunden.

Laurent Ballesta | Sprung der Kaiserpinguine in Terre Adélie
Trotz all seiner Expeditionen ist Ballesta davon überzeugt, dass die Ozeane noch weitgehend unerforscht sind.
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