
6 Tipps für den Einstieg in die Architekturfotografie
Veröffentlicht am 10. September 2025 von MPB
In vielen Bereichen der Fotografie hat man oft das Gefühl, dass es ungeschriebene „Regeln“ gibt. Bei Porträts ist es immer wichtig, die Augen scharfzustellen, in der Natur- und Tierfotografie geht es um absolute Schärfe und in der Architekturfotografie ist das große Ziel, gerade Linien hinzubekommen. Als selbsternannter Neuling in der Architekturfotografie hat sich Ian Howorth im Barbican Centre – einem Londoner Wahrzeichen und Musterbeispiel für die brutalistische Architektur des 20. Jahrhunderts – eingehend mit diesem Genre befasst. Lies weiter, um zu erfahren, was er über Tilt-Shift-Objektive, Perspektiven und Formen gelernt hat.
Ians Ratschläge für die Architekturfotografie:
Verwende ein Tilt-Shift-Objektiv (auch wenn du nicht unbedingt eines brauchst)
Probiere es auch mit Schwarz-Weiß-Fotografie
Richte deinen Bildausschnitt an den Linien der Gebäude aus
Erwecke Gebäude zum Leben
Verwende ein Stativ
Übe fleißig, um dein Auge zu schulen
Die Architekturfotografie war schon immer ein Genre, das mich sowohl technisch als auch künstlerisch interessiert hat. Hier arbeiten Architekt:innen und Fotograf:innen Hand in Hand – auch wenn sich die Architekt:innen dieser Zusammenarbeit nicht bewusst sind. Die große Herausforderung dabei ist, Linien und Formen zu finden, die miteinander harmonieren, und das fotografisch einzufangen, was sich die Architekt:innen beim Entwerfen von Gebäuden gedacht haben. Aber genauso spannend wie das Entdecken und Entschlüsseln der Handwerkskunst, die hinter den Backsteinen und dem Mörtel steckt, ist es, als Architekturfotograf:in deine eigene Stimme zu finden und zu entdecken, wie du die interessanten Aspekte eines Bauwerks fotografisch herausarbeiten kannst.

Gebrauchtes Canon TS-E 17mm f/4 L, Canon TS-E 24mm f/3.5 L II und Canon TS-E 90mm f/2.8
1. Verwende ein Tilt-Shift-Objektiv (auch wenn du
Da ich Zugang zu Tilt-Shift-Objektiven hatte, beschloss ich, sie auszuprobieren – schließlich funktionieren sie auch als normale Objektive. Ich entschied mich für das Canon TS-E 17mm f/4 L, TS-E 24mm f/3.5 L II und TS-E 90mm f/2.8, die ich über einen Canon EF-EOS R-Adapter an meiner Canon EOS R5 anbrachte.
Das Wetter im Barbican war ziemlich trüb, als ich dort ankam. Zum Glück hat es nicht geregnet, aber es war eben ein klassischer Londoner Wintertag. Ein bisschen Sonne hätte die Formen der Gebäude bestimmt in ein interessanteres Licht gerückt, aber ich genoss die Gelegenheit, mich einfach auf die Gebäude und ihre Strukturen zu konzentrieren, um die allgemeine Stimmung einzufangen. Anfangs fand ich den Umgang mit den Tilt-Shift-Objektiven ziemlich knifflig – insbesondere die Perspektivkorrektur. Einzelne Gebäudestrukturen ließen sich leicht mit der „Tilt“-Funktion korrigieren, aber erst in Kombination mit dem richtigen Standort und Bewegungen gelang es mir, einigermaßen gerade Linien hinzubekommen.

Ian Howorth | Canon EOS R5 | TS-E 90mm f/2.8 | 90mm | f/7.1 | 1/100 | ISO 400
Anfangs dachte ich, dass ich die meisten Aufnahmen mit dem 24mm TS-E und weniger mit dem 90-mm-Objektiv machen würde. Abgesehen von der Herausforderung, sich mit dem Tilt Shift zurechtzufinden, bin ich es – außer im Studio – nämlich auch nicht gewohnt, mit dieser Brennweite zu fotografieren. Allerdings stellte ich fest, dass es genauso interessant ist, den Betonmonolithen im Londoner Barbican nahezukommen und feinere Details einzufangen, wie sie als Ganzes aus der Ferne zu präsentieren.

Ian Howorth | Canon EOS R5 | TS-E 90mm f/2.8 | 90mm | f/9 | 1/60 | ISO 1250
Aber das Erste, was ich gelernt habe, ist, dass man kein Tilt-Shift-Objektiv braucht, um Spaß zu haben. Was zählt, ist, das Bild zum Funktionieren zu bringen – unabhängig von deinem Equipment. Letztendlich ist das auch eine gute Gelegenheit, um dein Auge zu schulen. Oft hatte ich das Gefühl, dass ich die Tilt-Shift-Funktion eigentlich gar nicht brauche. Ich habe sie aber trotzdem genutzt, weil sie da war.
Mich auf mehr als eine Brennweite zu konzentrieren, um wirklich das Beste aus der Location herauszuholen, fiel mir nicht immer leicht. Wenn ich den Rundgang mit einem der drei Objektive gemacht hätte, hätte ich wahrscheinlich großartige Aufnahmen mit nach Hause gebracht – weil mein Gehirn einfach mehr Zeit gehabt hätte, sich auf die Motive zu konzentrieren, anstatt auf die Technik. Der Wechsel war schwierig, denn zunächst hatte ich das Gefühl, dass mir die Brennweite einen Teil der Arbeit abnimmt, aber dann schlich sich die Angst ein, etwas zu verpassen, also war ich ständig zwischen Weitwinkel und einer engeren Perspektive hin- und hergerissen. Vielleicht ging es nur mir so, aber man sollte es beim Fotografieren mit Festbrennweite auf jeden Fall im Hinterkopf behalten.

Gebrauchte Canon EOS R5
Verwende für Objektive mit manuellem Fokus eine spiegellose Kamera. Meine drei Tilt-Shift-Objektive hatten einen manuellen Fokus, und einer der vielen Vorteile der spiegellosen Technik ist das Fokus-Peaking. Besonders mit dem 90-mm-Objektiv half mir das Fokus-Peaking sehr beim Fokussieren.
2. Probiere es auch mit Schwarz-Weiß-Fotografie
Ich wollte mich auf Licht und Form konzentrieren. Mein Plan war also, in Schwarz-Weiß zu fotografieren, um Ablenkungen durch Farben zu vermeiden. Bei der Schwarz-Weiß-Fotografie geht es für mich vor allem um Komposition, Tonalität und Formen. Um also das Beste aus meinen Fotos herauszuholen, betrachte ich die Welt lieber in Monochrom, weil es mir hilft, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Wenn du noch unentschlossen bist, kannst du natürlich auch zunächst in Farbe fotografieren und deine Aufnahmen später in Schwarz-Weiß-Bilder umwandeln. Aber wenn du dich schon für Schwarz-Weiß-Fotos entschieden hast, lohnt es sich, gleich in Schwarz-Weiß zu fotografieren.

Ian Howorth | Canon EOS R5 | TS-E 90mm f/2.8 | 90mm | f/7.1 | 1/60 | ISO 1250
3. Richte deinen Bildausschnitt an den Linien der Gebäude aus
Das nächste Bild ist das erste Foto, das ich an jenem Tag gemacht habe. Ich hatte es bereits im Voraus geplant, und mein Ziel war, die Seiten des hohen Gebäudes perfekt an den Rändern des Rahmens auszurichten. Die Gebäude links und rechts davon waren mir nicht so wichtig, und wie du siehst, ist das auf der linken Seite nicht perfekt gerade. Aufgrund meiner fehlenden Erfahrung mit Tilt-Shift-Objektiven dachte ich, dass ein Tilt-Shift nur begrenzt bei der Korrektur helfen kann. Besonders bei Objekten mit unterschiedlichen Höhen wie hier wären alle Objekte mit der Tilt-Shift-Funktion leicht korrigiert worden, wenn ich die Kamera einfach nach oben gerichtet hätte. Letztendlich hatte ich aber das Gefühl, entscheiden zu müssen, welches Gebäude für mich im Fokus stehen soll. Ehrlich gesagt gab es für meinen Geschmack mit den ganzen Winkeln, Perspektiven und Höhen einfach zu viele verschiedene Variablen, um mich ernsthaft damit zu beschäftigen, wie ich mit diesen Objektiven noch mehr aus meinen Aufnahmen hätte herausholen können.

Ian Howorth | Canon EOS R5 | TS-E 24mm f/3.5L II | 24mm | f/9 | 1/160 | ISO 400
Bei dem nächsten Bild wusste ich sofort, dass mir die Korrektur leichter fallen würde. Beide Gebäude an den äußeren Enden waren ungefähr gleich hoch und ähnlich ausgerichtet. Ein leichter Tilt mit dem 24-mm-Objektiv war schon genug.

Ian Howorth | Canon EOS R5 | TS-E 24mm f/3.5L II | 24mm | f/7.1 | 1/80 | ISO 400
4. Erwecke Gebäude zum Leben
Abgesehen davon, dass es relativ einfach ist, Linien zu begradigen, geht es in der Architekturfotografie auch darum, die Besonderheiten herauszuarbeiten, die ein Gebäude interessant machen – ganz unabhängig von den technischen Aspekten. Oder anders gesagt: Wie fange ich ein Gebäude ein, um sein Wesen zum Leben zu erwecken?

Ian Howorth | Canon EOS R5 | TS-E 17mm f/4 L | 17mm | f/13 | 1/50 | ISO 640
Ich musste den Tilt hier leicht korrigieren, da ich das Gefühl hatte, die Krümmung würde das gesamte Bild dominieren und die Farben des Gebäudes in den Hintergrund drängen. Am wichtigsten waren bei diesem Bild die Perspektive und die halbmondförmige Krümmung – und die dunklen Wolken am Himmel tragen zusätzlich zur Dramaturgie des Bildes bei.

Ian Howorth | Canon EOS R5 | TS-E 90mm f/2.8 | 90mm | f/9 | 1/80 | ISO 640
Das Barbican ist das Aushängeschild der brutalistischen Architektur des 20. Jahrhunderts. Es zum Leben zu erwecken, bedeutet vor allem, die richtigen Winkel und natürlichen Kontraste zu finden, die die Formen und das Licht hier bieten können. Dabei kommt es ganz darauf an, was du fotografierst und wie die Welt in deinen Augen aussieht. Auch wenn es immer gut ist, einen Maßstab zu haben, wie man an einen neuen fotografischen Stil herangehen soll, legst du am besten einfach los und siehst wo die Reise für dich hingeht.

Ian Howorth | Canon EOS R5 | TS-E 90mm f/2.8 | 90mm | f/9 | 1/30 | ISO 400
5. Verwende ein Stativ
Nimm ein Stativ mit – und benutze es auch! Ich hatte zwar eines dabei, habe es aber nicht genutzt. Ehrlich gesagt, hatte ich Angst, den Anschein eines professionellen Architekturfotografen zu erwecken und aus dem Barbican vertrieben zu werden, aber bei einigen Aufnahmen hätte ein Stativ nicht geschadet.
Zum einen kannst du mit einem Objektiv die Schärfentiefe besser steuern und mit kleinerer Blende fotografieren, um die Kontrolle über Strukturen zu behalten, ohne die ISO-Werte zu erhöhen oder die Bildqualität zu verringern. Zum anderen sind die Unterschiede zwischen den Tilt-Shift-Positionen bei entsprechenden Objektiven oft so gering, dass sie beim Freihandfotografieren sofort rückgängig gemacht werden. Ein statischer Blickwinkel, der sich nicht verändert, würde hier also helfen, genauere und einheitlichere Aufnahmen zu bekommen.

Ian Howorth | Canon EOS R5 | TS-E 24mm f/3.5L II | 24mm | f/7.1 | 1/40 | ISO 400
6. Übe fleißig, um dein Auge zu schulen
In einem Genre, in dem sich alles um die Komposition dreht, inspiziert man oft den gesamten Bildausschnitt, bevor man auf den Auslöser drückt.
Jedes Motiv, jede Linie und jedes Objekt in deinem Bildausschnitt so genau zu betrachten, schärft dein Auge und hilft dir, dich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Egal, ob die Architekturfotografie nun ein fester Bestandteil deiner Arbeit wird oder du nur gelegentlich Aufnahmen von Gebäuden machst, eines ist sicher: Sie schult dein Auge und hilft dir, im Moment zu bleiben – ganz gleich, welche Ausrüstung du dabei benutzt.
Weitere Tipps und Techniken und unseren Artikel über die Top 7 der weiblichen Architekturfotografie findest du auf dem MPB-Blog.
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