
Leitfaden: Konzert- und Livemusikfotografie
Veröffentlicht am 7. November 2025 von MPB
Auf Livekonzerten zu fotografieren, ist mit einer Menge Nervenkitzel verbunden – von der Energie des Publikums über die eindrucksvolle Bühnenbeleuchtung bis hin zu den flüchtigen Momenten, in denen Künstler:innen und Zuschauer:innen miteinander auf Tuchfühlung gehen. Bei der Konzertfotografie geht es aber nicht darum, einfach die Kamera auf die Bühne zu richten und aufs Beste zu hoffen. Hier braucht es technisches Know-how, Timing, Intuition und Respekt für die Kunst und das jeweilige Umfeld. Egal, ob du deine Lieblingsband auf einer kleinen Bühne ablichten oder einen Fotoausweis für ein großes Festival ergattern möchtest, dieser Leitfaden hilft dir, das nötige Selbstvertrauen und Fachwissen zu gewinnen, um loszulegen.
Der erfahrene Musikfotograf und Journalist James Joiner erklärt, welche Ausrüstung du unbedingt brauchst, welche Kameraeinstellungen bei schwachem Licht helfen und wie du dich im Fotograben am besten verhältst. James arbeitete jahrzehntelang als Journalist für Esquire und The Daily Beast und seine Artikel und Bilder sind bereits in Publikationen wie dem Rolling Stone, National Geographic, der New York Times, GQ, Outside und Cosmopolitan erschienen. Mit seinen praktischen Tipps für die Komposition, Regeln für die Arbeit am Veranstaltungsort, Ratschlägen für die Vorbereitung auf unterschiedliche Umgebungen und Hinweisen zur Kontaktaufnahme mit Verlagen steht deinem Einstieg in die Konzert- und Livemusikfotografie nichts mehr im Weg.

James Joiner | Willie Nelson | Fujifilm X-T3 | Fujifilm XF 50mm f/1.0 R WR | 50mm | f/1.0 | 1/500 | ISO 1600
So gelingt dir der Einstieg in die Konzertfotografie
Konzerte sind besonders für junge Menschen oft ein Grund, sich mit dem Thema Fotografie zu beschäftigen. Vielleicht sind dir auf einem Konzert auch schon einmal die Fotograf:innen aufgefallen, die in den Kulissen lauern oder sich geschickt durch die Menge schlängeln? Für diejenigen von uns, die gerne live mit dabei sein wollen, ist es die perfekte Möglichkeit, kostenlos reinzukommen, zur Atmosphäre beizutragen, coole Leute zu treffen und – zumindest für die ersten drei Songs – den besten Platz zu ergattern.
Klingt cool, oder? Wenn auch du schon mit dem Gedanken gespielt hast, in die Konzertfotografie einzusteigen, dann lass es uns doch einfach möglich machen!
Als Erstes brauchst du dafür die richtige Kamera, denn die deines Smartphones reicht nicht aus. Wenn du noch nie eine Profikamera gekauft hast, solltest du dich zunächst mit den unterschiedlichen Marken und technischen Fachbegriffen beschäftigen, aber wenn du dir bewusst machst, dass eine Kamera ein Werkzeug ist, fällt die Wahl oft leichter. Das richtige Werkzeug zur Hand zu haben ist zwar wichtig, heißt aber nicht, dass du dafür ein Vermögen ausgeben musst. Die meisten digitalen Kameras der letzten zehn Jahre, die in der mittleren bis oberen Preisklasse angesiedelt sind, erfüllen absolut ihren Zweck. Und selbst wenn es von deiner Kamera bereits drei neuere Modelle gibt, sind Unterschiede oft nicht bahnbrechend.

James Joiner | Cat Power | Nikon Z9 | Nikon Nikkor Z 24-70mm f/2.8 S | 32mm | f/2.8 | 1/640 | ISO 1600
Die wichtigste Ausrüstung für die Konzertfotografie
Das solltest du bei der Suche nach einer geeigneten Kamera für die Konzertfotografie beachten:
Vollformatsensor: Hier geht es um die Größe des Bildsensors, also um den Teil der Kamera, der das Foto aufnimmt. Das Vollformat entspricht einem 35-mm-Film, während APS-C (manchmal als „Crop-Frame“ bezeichnet) 1,6-mal kleiner ist. Ich persönlich bevorzuge Vollformatkameras, denn ein größerer Sensor kann das vorhandene Licht besser einfangen, was besonders bei schlechten Lichtverhältnissen – wie auf Konzerten – eine höhere Bildqualität verspricht.
Hohe ISO-Leistung: Da du in dunkleren Umgebungen fotografierst, musst du so viel Licht wie möglich einfangen. Eine beliebige Vollformatkamera, die nach 2014 hergestellt wurde, sollte dafür mehr als ausreichen.
Anständiger Autofokus: Du wirst feststellen, dass moderne Kameras über allerlei Autofokusspielereien wie die Erkennung, Verfolgung und Scharfstellung von Vögeln im Flug verfügen. Das ist zwar cool, aber für unsere Zwecke weitgehend unnötig. Alles, was deine Kamera können muss, ist einen zentralen Fokuspunkt in deinem Motiv zu setzen, und das ist relativ einfach.
Dynamikumfang: Der Dynamikumfang beschreibt, grob gesagt, die Anzahl der Details, die der Sensor in Schatten und Lichtern erfasst. Wenn du im RAW-Format fotografierst (dazu später mehr), hast du im Nachhinein mehr Spielraum für die Bearbeitung.
Wechselobjektive: Ein absolutes Muss für Konzertfotograf:innen! Es gibt zwar auch hochwertige Kameras mit festem Objektiv, die erstaunliche Fotos machen, aber bei Liveveranstaltungen solltest du, je nach Situation, von einem Weitwinkel- auf ein Teleobjektiv wechseln können.
Kameraempfehlungen für die Konzertfotografie

Gebrauchte Nikon Z8
Nikon Z8
Wenn du etwas Geld übrig hast, ist die Nikon Z8 eine solide Investition in deine Zukunft. Ihr hochauflösender Sensor beseitigt auf magische Weise Probleme mit hohem ISO-Rauschen und unerwünschter Streifenbildung, sie hat einen lautlosen Verschluss ohne Blackouts, die Bildstabilisierung ist äußerst zuverlässig und du hast hier die Möglichkeit, über einen FTZ-Objektivadapter mit den meisten Nikon F-Objektiven zu arbeiten.
Erfahre in Alex Armitages Testbericht zur Nikon Z8 für die Landschaftsfotografie, wie diese leistungsstarke spiegellose Kamera in der Praxis abschneidet.

Gebrauchte Canon EOS R6
Canon EOS R6
Die Canon EOS R6 ist eine professionelle Vollformatkamera mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis (vor allem gebraucht), die dir den Einstieg erleichtert und mit deinen Aufgaben wächst. Zwanzig Megapixel sind ausreichend, um alle Details festzuhalten, die du brauchst – ganz ohne die riesigen Dateien oder das hohe ISO-Rauschen, die von Sensoren mit höherer Auflösung erzeugt werden.

Emily Jade | Canon EOS R6 | Canon RF 24-240mm f/4-6.3 IS USM | 52mm | f/6.3 | 1/250 | ISO 10000
Hinzu kommen der hervorragende Autofokus (auch bei schwachem Licht) und eine solide Auswahl an Objektiven, bei der du nichts falsch machen kannst. Mehr über diese Kamera erfährst du im Canon EOS R6-Testbericht für die Livemusikfotografie von Emily Jade.

Gebrauchte Sony A7R IV
Sony A7 IV
Die Sony A7 IV kombiniert herausragende Geschwindigkeit, präzise Leistung bei schwachem Licht und erstklassige Vielseitigkeit in einem eleganten Gehäuse. Ihr 33-Megapixel-Vollformatsensor liefert selbst bei schwieriger Bühnenbeleuchtung scharfe, lebendige Bilder und der Autofokus sorgt für eine präzise Scharfstellung der Künstler:innen. Mit dem beeindruckenden Dynamikumfang der A7 IV hast du eine Kamera, die sich bei den vielen Unbekannten in der Welt der Livemusik erst so richtig entfalten kann. Und mit ihrem schnellen Serienbildmodus und der herausragenden Leistung bei hohen ISO-Werten kannst du dich darauf verlassen, dass du keinen Moment verpasst.

Deanie Chen | Sony Alpha A7R IV | 23mm | f/2.8 | 1/250 | ISO 640
Auch die Sony A7 III ist übrigens eine Überlegung wert. Mach mit der Fotografin Deanie Chen einen Ausflug zum Coachella Music Festival, um zu erfahren, wie die Sony A7R IV & A7 III in der Musikfotografie abschneiden.

Gebrauchte Canon EOS 5D Mark IV
Canon EOS 5D Mark IV
Die Canon EOS 5D Mark IV aus dem Jahr 2016 gehört zu Canons legendärer und bahnbrechender DSLR-Vollformat-Serie, die schon unzählige ikonische Bilder hervorgebracht hat. Und obwohl sie schon gut zehn Jahre alt ist, merkt man ihr das Alter fast nicht an.
Ihr 30,4-Megapixel-Vollformatsensor erfasst Farben und Details auch bei schwieriger Beleuchtung und der große ISO-Bereich gibt dir Spielraum bei der Belichtung. Der Autofokus mit 61 Punkten sorgt für eine zuverlässige Motivverfolgung, während du mit der Serienbildgeschwindigkeit von sieben Bildern pro Sekunde im Geschehen bleibst, ohne wichtige Momente zu verpassen. Hinzu kommen Canons robuste Bauweise, zwei Speicherkartensteckplätze und eine starke Akkulaufzeit (ca. 900 Aufnahmen pro Ladung), die diese Kamera zu einem konzerttauglichen Arbeitstier machen.
Lies auch den Testbericht zur Canon EOS 5D Mark IV für Wildlife, um zu erfahren, wie sich diese Kamera in der Praxis schlägt.

James Joiner | Charli XCX
Die besten Objektive für die Konzertfotografie
Der wichtigste Teil jedes Kamera-Setups ist das Objektiv. Egal, wie viel deine Kamera kann – ihre Bilder sind nur so klar wie das Fenster, durch das sie schaut. Je mehr Erfahrung du als Fotograf:in sammelst, desto mehr wirst du feststellen, dass deine Objektivsammlung deine wichtigste Investition ist. Gleichzeitig verlieren Objektive auch am wenigsten an Wert, falls du dich jemals für ein Upgrade oder eine Kamera mit einem anderen Anschluss entscheidest.
Zoomobjektive
Zoomobjektive bieten dir beim Fotografieren auf Konzerten die größte Flexibilität. Mit ihnen kannst du zum Beispiel mühelos während der Show zwischen intimen Nahaufnahmen des Leadsängers und Weitwinkelaufnahmen der Bühne oder des Publikums hin und her wechseln. Das spart nicht nur Zeit, sondern hilft dir auch, dynamischere Bilder zu schießen. Ein Zoomobjektiv ist auf Konzerten also der beste Backstage-Pass.

James Joiner | Trey Anastasio von Phish | Nikon D800 | Nikon AF-S Nikkor 24-120mm f/4G ED VR | 105mm | f/5.6 | 1/40 | ISO 1250
Festbrennweitenobjektive
Festbrennweitenobjektive rücken Geschwindigkeit und Schärfe in den Vordergrund. Sie lassen durch ihre großen Blendenöffnungen viel Licht herein, was sie perfekt für dunkle Veranstaltungsorte mit stimmungsvoller Beleuchtung macht. Dieses zusätzliche Licht ermöglicht schnellere Verschlusszeiten, sodass du den Sprung des Gitarristen festhalten oder die Schlagzeugerin mitten im Solo mit allen Details festhalten kannst. Darüber gelingt mit einem Festbrennweitenobjektiv oft ein butterweiches Bokeh, von dem sich dein Motiv messerscharf abhebt. Du bist hier zwar auf eine einzige Brennweite festgelegt, aber diese Einschränkung kann sich durchaus als kreative Chance erweisen, die Stimmung aus einzigartigen Perspektiven einzufangen.
Weitere Ausrüstung und Zubehör für die Konzertfotografie
Es gibt jede Menge Zubehör für die Livemusikfotografie, aber nur wenige echte Essentials.
Ersatzakkus
Grundsätzlich solltest du mindestens zwei zusätzliche Akkus & Ladegeräte dabeihaben, die jederzeit einsatzbereit sind. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn deiner Kamera genau im wichtigsten Moment der Saft ausgeht – und erfahrungsgemäß passiert das Wichtigste immer dann, wenn du gerade nicht den Finger auf dem Auslöser hast.

James Joiner | Iron & Wine
Zusätzliche Speicherkarten
Eine SD-Karte fällt zwar nur selten aus, aber es ist immer gut, ein Backup zu haben. So musst du dich nicht mitten im Geschehen entscheiden, welche Bilder du von deiner vollen Karte löschen musst, um weiter fotografieren zu können. Die meisten Profikameras haben zwei Kartensteckplätze. Deshalb solltest du auch immer mindestens zwei Karten dabeihaben. Achte dabei auf eine hohe Speicherkapazität und eine hohe Schreibgeschwindigkeit, denn sogar die schnellste Kamera speichert deine Aufnahmen nicht so schnell wie du abdrückst, wenn deine Speicherkarten zu langsam sind.
Einen guten Kameragurt
Fast jede Kamera kommt mit einem passenden Tragegurt – und (fast) jeder davon ist Schrott. Nachrüstgurte, wie die von Peak Design, sind viel bequemer, langlebiger und robuster, wenn du stundenlang fotografierst.
Eine unauffällige Kameratasche
Ich vermeide gerne Taschen, die wie leicht zu stehlende Beutel mit teurer Ausrüstung aussehen. Stattdessen bevorzuge ich einfache Umhängetaschen, die einen einfachen Zugriff bieten, damit ich zwischendurch schnell mal das Objektiv wechseln kann. Sie sind in der Regel unauffällig und geben mir kein mulmiges Gefühl, wenn ich meine Ausrüstung mal an einem dunklen Ort abstellen muss. Ich persönlich benutze die Peak Design Everyday Slings und habe den Kauf nie bereut.

James Joiner | The Pixies | Nikon Z9 | Nikon AF-S Nikkor 200-500mm f/5.6E ED VR | 480mm | f/5.6 | 1/125 | ISO 3200
Die besten Kameraeinstellungen für die Konzertfotografie
RAW-Dateien
Die meisten Profis fotografieren im RAW-Format, und das solltest du auch tun. Lerne die Stärken und Schwächen deiner Kamera kennen und merke dir, was dich bei der Bearbeitung am meisten Zeit kostet.
Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass meine Nikon-Kameras mehr Spielraum bei der Schatten- als bei der Lichterwiederherstellung bieten. So kann ich aus dunkleren Bildbereichen weitere Details herausholen, bei ausgefransten Spitzlichtern sind mir aber im Grunde genommen die Hände gebunden. Indem ich meine Aufnahmen um eine Blendenstufe unterbelichte, habe ich in der Nachbearbeitung mehr Spielraum.

James Joiner | Nikon D750 | Nikon AF-S Nikkor 35mm f/1.4G | 35mm | f/1.4 | 1/160 | ISO 1250
ISO-Einstellungen
Moderne Vollformatkameras bieten tendenziell eine hervorragende Low-Light-Leistung und einen großen Dynamikumfang bei höheren ISO-Werten, die jedes analoge Foto in den Schatten stellen. Trotzdem gilt: Je höher der ISO-Wert, desto stärker das Rauschen und desto schlechter die Bildqualität. Auch die Bearbeitungsmöglichkeiten bei Aufnahmen im RAW-Format reichen hier oft nicht aus, wenn es zu viel Rauschen und Körnung und zu wenig Farbsättigung und Schärfe gibt.
Manche Probleme mit hohen ISO-Werten lassen sich mit den Rauschunterdrückungstools deiner Bearbeitungssoftware beheben, aber ab einem gewissen Punkt sehen die Bilder wie plumpe Gemälde aus. Ich persönlich fotografiere sehr selten mit ISO-Werten über 3200 und achte stattdessen auf Dinge wie die Bühnenbeleuchtung, die in wichtigen Momenten oft heller wird. Außerdem solltest du dich mit der Dunkelheit anfreunden. Oft ist das Unsichtbare ausdrucksstärker als das Sichtbare.
Manueller Modus
Wenn du dir schon die Mühe machst, dir die passende Ausrüstung zu besorgen, zu lernen, wie man sie benutzt, und dich als Fotograf:in immer weiterzuentwickeln, dann übernimm auch die volle Kontrolle über deine Aufnahmen. Kameras bieten zahlreiche Einstellungen, von vollautomatisch bis Blenden- und Verschlusspriorität. Je nachdem, für welche davon du dich entscheidest, macht die Kamera den Rest. Aber wenn du dein Handwerk wirklich beherrschen willst, empfehle ich dir, im manuellen Modus zu fotografieren.

James Joiner | Wayne Coyne von The Flaming Lips | Nikon D800 | Nikon AF-S Nikkor 24-120mm f/4G ED VR | 120mm | f/5.6 | 1/160 | ISO 800
Verschlusszeit
Wenn sich der Sänger einer Rockband auf der Bühne schnell bewegt, ist eine kurze Verschlusszeit gefragt. Aber du kannst mit der Verschlusszeit auch experimentieren, indem du sie langsamer machst, um ein Gefühl von Bewegung durch Unschärfe zu erzeugen. Oder du kannst deine Kamera während der Aufnahme in dieselbe Richtung schwenken, in die sich dein Motiv bewegt, um es so aussehen zu lassen, als ob sich dein Motiv im Bild bewegt. Stroboskopartige Bühnenbeleuchtung hat einen ähnlichen Effekt wie ein Kamerablitz und friert das Geschehen sogar bei etwas längeren Verschlusszeit ein. Du kannst diese Art von Beleuchtung auch nutzen, um mit einer kleineren Blendenöffnung zu fotografieren, was zu stärkeren Zusatzeffekten wie Sonnensternen führt, bei denen Lichtquellen als mehrstrahlige Blendenflecken erscheinen.
Gehe beim Einrichten deiner neuen Kamera durch das Menü. Ich passe zum Beispiel Einstellungen wie den „Fokuspunkt-Wraparound“ an, damit der Fokuspunkt auf der gegenüberliegenden Seite wieder auftaucht, wenn ich ihn an den Rand meines Bildausschnitts oder Suchers schiebe. Ich aktiviere auch den „Schwachlicht-Autofokus“ und deaktiviere die „Rauschunterdrückung bei hoher ISO“. Auch das kamerainterne Autofokushilfslicht solltest du deaktivieren, das einen roten Laserstrahl auf dein Motiv richtet. Außerdem schalte ich alle Kameratöne aus und deaktiviere die automatische Bildwiedergabe.
Profitipp: Mit einer Digitalkamera kannst du unzählige Aufnahmen machen. Fotografiere also einfach drauflos, denn indem du viel ausprobierst und dir danach die Ergebnisse ansiehst, lernst du viel mehr, als wenn du dir zu viele Gedanken machst, bevor du den Auslöser drückst. Drücke also im Zweifel einfach ab.

James Joiner | White Denim | Nikon Z7 II | Nikon Nikkor Z 70-200mm f/2.8 VR S | 77mm | f/3.2 | 1/100 | ISO 640
So bekommst du den Fuß in die Tür
Fang erst einmal klein an, indem du bei Auftritten befreundeter Bands fotografierst, oder such dir einen kleinen Veranstaltungsort in deiner Nähe und lerne die Leute kennen, die dort auftreten. So kannst du Erfahrungen im Umgang mit Künstler:innen, dem Publikum, Personal und anderen Fotograf:innen sammeln und dir ein Portfolio aufbauen, bevor du dich an anspruchsvollere Projekte wagst. Sobald du dir mehr zutraust, kannst du dich an lokale Veranstalter:innen und Veranstaltungsorte wenden, die eine Nummer größer sind.
Aber greife dabei nicht gleich nach den Sternen. Du kannst nicht erwarten, von einer Open-Mic-Night in einem Café direkt bei Charli XCX im Madison Square Garden zu landen. Halte Ausschau nach Orten, an denen kleinere Tourkünstler:innen auftreten, und lerne die Künstler:innen kennen. Ein Großteil meines frühen Erfolgs mit „größeren“ Bands kam zustande, weil die Bands, mit denen ich arbeitete, Erfolg hatten.
Stell dich in der Zwischenzeit auch bei den Kunstredaktionen lokaler Zeitungen und Websites vor, indem du ihnen von Zeit zu Zeit Bilder schickst. Gibt es in deiner Szene einen Musikblog, den alle lesen? Sobald du erste Kontakte geknüpft hast, kannst du dich über bevorstehende Konzerte informieren, die dich interessieren und für die jeweiligen Leser:innen relevant sind. Anschließend kannst du den Redaktionen anbieten, Fotos für sie zu machen. Sei dabei von Anfang an aufgeschlossen und freundlich, denn je mehr Leute, Künstler:innen, Redakteur:innen und Manager:innen du kennst, desto leichter der Zugang.

James Joiner | Jack Johnson
Pitchen
Pitches können sich an drei Arten von Zielgruppen richten: Redakteur:innen, Veranstalter:innen oder Promoter:innen und Publizist:innen.
Ein ordentlicher redaktioneller Pitch ist kurz und knackig. Sehr kurz, sogar. Nenne die Band, den Veranstaltungsort und das Datum, erkläre, warum sie berichtenswert sind, und teile einige Beispiele für deine Arbeit. Glaub mir, mehr braucht es nicht. Die Leute, die deinen Pitch lesen sollen, bekommen ohnehin schon unzählige E-Mails, und wenn etwas Erklärung benötigt, solltest du es gar nicht erst pitchen. Wenn jemand mehr wissen will, kommen bestimmt Rückfragen. Wenn du erst einmal Fuß gefasst hast, kannst du auch etwas selbstbewusster auftreten, aber zunächst geht es darum, Vertrauen zu gewinnen und sich gegenseitig kennenzulernen.
Wenn du nicht für ein festes Medium fotografieren kannst, aber unbedingt eine:n bestimmte:n Künstler:in ablichten möchtest, versuche es bei Veranstalter:innen oder Promoter:innen. Solange sie dich und deine Arbeit nicht kennen, musst du vielleicht damit rechnen, dass du dafür kein Geld bekommst, aber wenn sich die richtige Gelegenheit bietet, um deiner Karriere auf die Sprünge zu helfen, geht das in Ordnung.
Du kannst dich natürlich auch direkt an die PR-Teams der Künstler:innen wenden. Gib einfach bei Google neben dem Namen der Künstlerin oder des Künstlers ‚Publizist‘ oder ‚Pressekontakt‘ ein oder versuch es auf Social Media.
Sobald du von irgendeiner Stelle grünes Licht bekommst, musst du nur noch abliefern. Idealerweise bleiben dir die richtigen Kontakte für den Rest deiner Karriere erhalten, und es besteht auch die Chance, dass du weiterempfohlen wirst. Ehe du dich versiehst, stellst du bei deiner Recherche nach den PR-Leuten einer bestimmten Band fest, dass du eine:n ihrer Kolleg:innen bereits kennst, und hast einen Fuß in der Tür.

James Joiner | Solange
Top-Tipps für die Konzertfotografie
Du hast es also geschafft und darfst auf einem Konzert Fotos machen. Und jetzt?
Sei rechtzeitig vor Ort, stell dich vor und poste deinen Fotoausweis nicht
Sei so früh wie möglich am Abholschalter, um deinen Fotoausweis abzuholen. So kannst du Probleme vermeiden, wenn zum Beispiel dein Name nicht auf der Liste steht, und hast Zeit, den Veranstaltungsort zu erkunden. Informiere dich, ob es einen Fotograben gibt und wie du dorthin kommst. Bei den meisten Shows dürfen sich Fotograf:innen nur während der ersten drei Songs im Graben aufhalten. Meistens kannst du danach aber anderswo weiterfotografieren.
Veröffentliche niemals Bilder deines Fotoausweises. Manchen Veranstalter:innen ist das zwar egal, aber es gehört sich nicht und besonders am Anfang ist es besser, nicht anzuecken. Alle im Team wissen, dass das ein No-Go ist, und es lässt dich unprofessionell wirken.
Stell dich bei deiner Ankunft bei der Security vor und sei freundlich zu allen. Das ist entscheidend. Führe Smalltalk, bleib bescheiden und stehe niemandem im Weg – egal, ob dem Personal, der Band oder anderen Fotograf:innen. Wenn du ein gutes Plätzchen gefunden hast, mach deine Aufnahmen und geh anschließend weiter.

James Joiner | Father John Misty
Fotograben-Etikette
Verhalte dich gegenüber dem Publikum möglichst unauffällig. Die Leute haben viel Geld ausgegeben, um eine:n bestimmte:n Künstler:in zu sehen, und es ist ihnen egal, ob du dein Foto bekommst. Sei höflich, entschuldige dich, wenn du die Sicht versperrst, und bleib nicht länger als ein paar Sekunden am selben Ort.
Schütze dein Gehör, denn der Graben ist oft direkt vor den Lautsprechern. Genauso wichtig wie die richtige Kameraausrüstung sind hochwertige Ohrstöpsel. So kannst du dich auch besser auf deine Fotografie konzentrieren.
Außerdem solltest du grundsätzlich ohne Blitz fotografieren. Ansonsten lenkst du die Künstler:innen und das Publikum ab und musst mit entsprechenden Reaktionen rechnen (aber zum Glück hast du ja Ohrstöpsel eingepackt).

James Joiner | Willie Nelson | Nikon Z9 | 135mm | f/2.5 | 1/640 | ISO 800
Verhalten gegenüber Künstler:innen und Co.
Wenn du ein peinliches, kontroverses oder einfach nur unvorteilhaftes Foto machst, lösche es einfach – vor allem, wenn es nicht während der Show aufgenommen wurde. Poste es nicht, denn der kurze Hype auf Social Media ist es nicht wert. Hier gilt die Devise: Wenn die Künstler:innen auf deinen Fotos schlecht aussehen, lässt das auch dich schlecht aussehen.
Verhalte dich in der Nähe von Künstler:innen ganz natürlich und bleib professionell. Lass nicht den Fan raushängen und erzähle ihnen nicht, wie sehr ihr zweites Album dein Leben verändert hat. Als Fotograf:in gehörst du nicht zum Publikum, sondern bist dort, um zu arbeiten.
Wenn du mit Künstler:innen im Backstage-Bereich bist, lass die Kamera lieber in der Tasche. Mach keine heimlichen Fotos, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Beim Fotografieren geht es um Respekt und Vertrauen – und das kann man schnell verlieren und nur schwer wieder zurückgewinnen.
Sei vorbereitet und baue eine Verbindung zu den Künstler:innen auf
Wenn du Künstler:innen ablichtest, die du nicht kennst, informiere dich vorher über sie. Schau dir Videos ihrer Tour an, damit du weißt, was wann passiert. Ein wenig Recherche kann den Unterschied zwischen guten und großartigen Fotos ausmachen.
Das Gleiche gilt für den Veranstaltungsort. Deshalb ist es gut, früh da zu sein und sich einen Überblick zu verschaffen. Recherchiere auch auf Social Media, um herauszufinden, wie die Stimmung ist. Stell dir vor, du wärst dort: Von wo aus hast du die beste Sicht? Wo werden die meisten „Hero Shots“ gemacht? Ich persönlich finde es wichtig, das zu wissen, damit ich nicht die gleichen Fotos mache wie alle anderen. Wenn du deinen eigenen Weg findest, sowohl die Künstler:innen als auch die Umgebung in Szene zu setzen, heben sich deine Bilder von der Masse ab.

James Joiner | Modest Mouse
Ich habe im Laufe der Jahre unzählige Künstler:innen aller Bekanntheitsgrade und Genres fotografiert und gelernt, jede Situation zu meistern. Aber wenn man sich mit jemandem richtig gut versteht, ist das etwas ganz Besonderes. 2013 lernte ich bei einem Interview Isaac von Modest Mouse kennen. Ehrlich gesagt hatte ich keine große Lust dazu und nahm meine damals noch relativ kleine Tochter mit. Isaac und ich haben uns auf Anhieb gut verstanden, und die ganze Modest Mouse-Familie hat mich mit offenen Armen aufgenommen. Inzwischen arbeiten wir schon seit über zehn Jahren zusammen. Für mich ist es eines der größten Privilegien, den Bandalltag hinter den Kulissen, im Studio und auf der Bühne mit einer so angenehmen Vertrautheit dokumentieren zu dürfen. Und gleichzeitig habe ich auch noch Freunde fürs Leben gefunden.
Triff deine Bildauswahl und teile sie auf Social Media
Wenn du für einen Verlag fotografierst, solltest du keine Bilder teilen, bevor er es tut. Nichts enttäuscht Fotoredakteur:innen mehr, als deine großartigen Aufnahmen auf Instagram zu sehen, bevor sie die Chance haben, sie zu veröffentlichen. Wenn du deine besten Fotos postest, markiere die Künstler:innen, die Bandmitglieder und den Veranstaltungsort.
Egal, ob du nur eine Show oder eine ganze Tour dokumentierst, niemand will einen Stop-Motion-Film des gesamten Events und keine Fotoredakteur:innen oder Manager:innen haben Lust, sich 250 Fotos mit demselben Motiv anzuschauen. Beschränke dich – wenn nicht anders vereinbart – auf höchstens 75 Bilder pro Show und achte auf eine gute Mischung aus vertikalen und horizontalen Aufnahmen. Mach Weitwinkelaufnahmen, die die ganze Bühne zeigen, und Ultraweitwinkelaufnahmen, auf denen auch das Publikum zu sehen ist. Auch ein paar Fotos vom Veranstaltungsort können nicht schaden. Vor allem solltest du aber versuchen, die Bandmitglieder abzulichten und wichtige Momente wie Mitsingeinlagen oder Gastauftritte festzuhalten.

James Joiner | The Pixies | Nikon Z9 | Nikon Nikkor Z 24-70mm f/2.8 S | 70mm | f/3.2 | 1/125 | ISO 1600
Achte auf Mikrofone, die Gesichter verdecken
Vor Jahren schickte mich der Fotoredakteur des Rolling Stone nach NYC, um Bilder von einem Auftritt von The National zu machen. Die meisten davon wurden allerdings abgelehnt, weil das obere Ende des Mikrofons einen Teil von Matt Berningers Gesicht verdeckte. Lektion gelernt, wenn auch auf die harte Tour!
Vermeide Klischees und denke unkonventionell
Vermeide zumindest am Anfang klischeehafte Fotos. Mehrfachbelichtungen und Aufnahmen durch seltsame Kristalle können spannende Ergebnisse liefern, aber sie können auch zu einer kreativen Krücke werden und bei übermäßigem Einsatz effekthascherisch wirken. Arbeite mit dem, was deine Umgebung dir hergibt, und feile zunächst an den Grundlagen.
Als ich mit dem Fotografieren anfing, hat mich ein Tipp von einem anderen Fotografen total umgehauen: Er meinte, ich solle immer aus einem ungewöhnlichen Winkel fotografieren, statt einfach nur von vorne. Such dir eine Perspektive, die du normalerweise nicht wählen würdest. Nutze, was dir dein Umfeld bietet, zum Beispiel eine Lichterkette für einen coolen Bokeh-Effekt oder Reflexionen auf einer Glasscherbe. Ich weiß, dass ich gesagt habe, man solle Effekthascherei vermeiden, aber wenn du dafür Dinge verwendest, die ohnehin zum Set gehören, ist das völlig in Ordnung.
Mein letzter Tipp: Musikfotografie ist Kunst, und die Kunst lebt davon, sein eigenes Ding zu machen. Der einzige Tipp, an den du dich unbedingt halten solltest, ist: Sei kein Idiot.
Weitere Interviews mit Musikfotograf:innen
Hol dir noch mehr Inspiration von einigen der Lieblingsmusikfotograf:innen von MPB.

Amy Winehouse | Jill Furmanovsky
Jill Furmanovsky
Im Laufe ihrer 50-jährigen Karriere hatte die legendäre Musikfotografin Jill Furmanovsky die größten Künstler und Bands der Welt vor der Linse. In den 70er Jahren fotografierte sie alle – von Bob Marley bis B.B. King, von den Buzzcocks bis Blondie, von Led Zeppelin bis Leonard Cohen, von Miles Davis bis Michael Jackson, von Joy Division bis The Jam und von den Rolling Stones bis zu den Ramones. Von The Clash, Kate Bush, Chic und Queen ganz zu schweigen. Sogar Nico, Pink Floyd und The Who waren mit dabei.
In den 80ern fotografierte Jill The Cure und The Cramps, Morrissey und James Brown, und in den 90ern waren es Oasis, Björk, KD Lang, Jeff Buckley, Grace Jones, Siouxsie Sioux, Sinead O’Connor und Tom Waits. Im neuen Jahrtausend kamen Elvis Costello, Amy Winehouse, Florence and the Machine und viele weitere Künstler:innen hinzu.
Lies hier unser Interview mit Jill Furmanovsky.

Phoebe Bridgers and Lucy Dacus von Boygenius | Nikon D850 | Nikon Nikkor Z 24-70mm f/2.8 S | 35mm | f/9 | 1/200 | ISO 100
Lindsey Byrnes
Von ihren Anfängen als Fotografin der Skaterszene in Kalifornien bis hin zu Tourneen mit Paramore und Tegan and Sara – Lindsey Byrnes bringt jede Menge Erfahrung mit. Wir haben mit der Musik- und Unterhaltungsfotografin über ihren kreativen Ansatz und die größten Momente ihrer Karriere gesprochen.
Lies hier unser Interview mit Lindsey Byrnes.
Wir hoffen, unser MPB-Leitfaden zur Konzert- und Livemusikfotografie mit seinen umfassenden Einblicken über den Einstieg, Ausrüstungsempfehlungen, Ratschlägen und Interviews mit Expert:innen hat dir gefallen.
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